Trattoria Alba:Diskretion ist Ehrensache

Trattoria Alba in München, 2009

Die Küche in der Trattoria Alba ist in Höchstform.

(Foto: Catherina Hess)

Die elegante Trattoria Alba liegt in der einsamen Oberföhringer Straße. Keiner der vielen prominenten Stammgäste wird gestört.

Johanna N. Hummel

Restaurants besitzen ein Eigenleben, das sich nicht erklären lässt. Manche, wunderbar gelegen und mit besten Köchen bestückt, dümpeln vor sich hin, andere blühen üppig im Verborgenen. Mit Werbung hat das wenig zu tun, auch nicht mit einer Website. Liegt es am Wirt? Weil er die Gäste fast umarmt und nicht wie ein Fels im Eingang steht, mit so strengem Gesicht, dass sich Fremde fast dafür entschuldigen, hier essen zu wollen?

Giuseppe Culoso steht wie ein Fels im Eingang seiner Trattoria Alba an der einsamen Oberföhringer Straße. Der sizilianische Wirt wacht über Gäste und Reservierungsbuch. Wer in die Trattoria kommt, hat einen Tisch bestellt oder kaum eine Chance auf einen Platz, das Restaurant brummt immer.

Die Trattoria residiert in einer gelben Villa aus den 1930er Jahren mit einem Garten voller Kastanien. Im Inneren gehen zwei mit dunklem Holz vertäfelten Gasträume ineinander über, es gibt einen alten Kachelofen, an den Wänden hängen lichte Bilder, die Tische sind weiß gedeckt und auf der Bar stehen üppige Blumensträuße.

Die Trattoria Alba ist eine Zone der absoluten Diskretion. Keiner der vielen prominenten Stammgäste wird gestört, auch das ist ein Geheimnis des Erfolgs. Der unscheinbare Neuling, der im schönen Garten nur Tagliatelle bolognese bestellt, muss sich Zuneigung erst verdienen. Kein Blick vom Chef. Die Nudeln waren zwar wunderbar mit Biss, die Sauce rund im Geschmack, doch den Parmesan gab es nur nach Bitten und so vorsichtig dosiert, als handle es sich um Alba-Trüffel (12,50). Ein schlechter Tag? Abends wurden wir immer aufs Feinste umsorgt, die Kellner sind perfekt geschult, heiter und doch distanziert.

In Hochform ist, jedenfalls nach Meinung des Gault Millau, die Küche. 15 von 20 möglichen Punkten wurden der Trattoria Alba in den vergangenen Jahren regelmäßig zugeteilt. Haute Cuisine in der Oberföhringer Straße? Im Gault Millau findet man andere Worte, "cucina casalinga" steht da, "Küche nach Hausmacherart", was untertrieben ist. Die vernünftig kleine Speisenkarte beschränkt sich auf die nötigsten Angaben, nichts wird angepriesen. Die Weinkarte umfasst gute und erlesene Lagen aus italienischen Regionen, und selbst die offenen Weine, ein kräftiger weißer Sizilianer und ein milder Barbera, sind nicht zu verachten (das Glas 3,50, die Flasche 18,50).

In der Trattoria gibt es kein amuse geule. Auf den Tischen stehen Schälchen mit angemachten Tomatenwürfeln und gutes Brot. Was aufgetragen wird, mag nach Hausmacherart sein, und zwar so, wie man es sich erträumt, auch optisch: Die Kürbiscremesuppe mit einer gebratenen Garnele war samtig und mild, die Steinpilze, schön nature gebraten, lagen auf einem feinen Rucolabett, die überbackenen Auberginen, mit Tomaten und Gewürzen zu einem duftenden Miniauflauf geformt, waren ein sizilianisches Gedicht. Sanft gegart ruhten die Calamaretti, mit einer feinen Steinpilzfarce gefüllt, auf zwei Scheibchen Polenta, Pilze und Meeresgetier ergänzten sich wunderbar.

Und die tintendunklen Tagliolini mit Babyoktopus waren mit Biss und herrlich intensiv im Geschmack. Beim Vitello tonnato reichten die Köche das rosa gebratene, feine Kalbfleisch und die Thunfisch-Kapern-Sauce getrennt, nichts war zugekleistert (7,80 bis 12,80).

Niemals geriet die Küche auch nur in die Nähe eines Formtiefs, nicht beim Fisch, nicht beim Fleisch. Die Dorade vom Grill kam saftig auf den Tisch, ebenso das Steinbuttfilet im leichten Spinatmantel, umgeben von einer duftigen Safransauce (26,50 und 23,50). Lammkarree, Entenbrust oder Rehfilet waren zart und rosa, mit Saucen zum Auslöffeln.

Dass die Beilagen oft reichlich konventionell waren, verziehen wir, allein das Stubenküken war Entschuldigung genug: feinstes Fleisch unter einer knusprigen Haut, bestreut mit gebratenem Rosmarin und Knoblauch. In der Trattoria wird bewiesen, dass unverkünstelte Küche nicht zu toppen ist. (18,80 bis 23,50).

Wer den Nachtisch verschmäht, ist selbst schuld, die Joghurtterrine mit Limone zum Beispiel, ein duftiger Traum, oder das Tiramisu, cremig, saftig, schnapsig. Es heißt, es sei das beste in München, was sich schwer beweisen lässt. Es ist einfach gut. (7,50 und 6,80).

Und das Geheimnis des Erfolgs? Die Kunst der Küche, natürlich, und der gestrenge Patron. Aber vielleicht ist es auch der Name der Trattoria, weil er einer Tageszeit huldig, in der niemand dort arbeitet: Alba, der Morgenröte.

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