Süddeutsche Zeitung

Traffic Bar:Je verschiedener die Gäste, umso besser

In der Traffic Bar nahe dem Mittleren Ring treffen sich Künstler, Musiker, Gastroleute - und Eigenbrötler wie der Inhaber.

Von Anna Hoben

Einer der letzten warmen Sommerabende, auf der Landshuter Allee rauschen die Feierabendautos vorbei, man selbst sitzt zehn Meter davon entfernt. Nein, die Traffic Bar hat nicht gerade die beste Lage - "Café Feinstaub wär' auch ein guter Name gewesen", witzelt ein Stammgast - aber irgendwie macht einem das nichts aus.

Schon seit 14 Jahren gibt es die Bar an der Ecke Blutenburgstraße, anfangs hieß sie Raoufi, nach ihrem Betreiber, dann Traffic Bar. Weil er Menschen zusammenbringe, sagt Kami Raoufi. Zum Mittleren Ring passt der Name natürlich auch nicht schlecht. 14 Jahre also, und trotzdem denken ständig Leute, sie sei neu. Raoufi erklärt sich das mit einem psychologischen Effekt: Die Leute gingen daran vorbei, würden abgelenkt vom gefährlichen Verkehr, und zack, hätten sie die Bar wieder vergessen. Beim nächsten Mal seien sie dann von Neuem überrascht: oh, eine Bar!

Ihr Markenzeichen ist der Feuerkopf im Logo, er soll für die Ideen stehen, die bei Kami Raoufi ständig in der Birne brennen, "und dafür, dass man sie auch verwirklicht". Mit acht Jahren kam er aus dem Iran nach Deutschland. Medizin hätte er eigentlich studieren sollen, doch er ging zum Film. Bis ihm die Arbeitsbedingungen zu prekär wurden. Also habe er "etwas Vernünftiges gemacht": eine Bar eröffnet.

In den ersten Jahren bot er einen Mittagstisch an, er kochte selbst, und die Büroarbeiter der Umgebung strömten herbei. Aber dann eröffneten immer mehr Mittagslokale in der Umgebung, es lief nicht mehr so gut. Seit Januar ist die Bar nun nur noch abends geöffnet, am Wochenende kann man sie für private Feiern mieten. Zwei Gerichte bietet Raoufi immer noch an, ein veganes und eines mit Fleisch oder Fisch, außerdem gibt es grandiose Antipasti (klein 6,60 Euro, groß 7,90 Euro).

Auf der flüssigen Seite rühmt sich die Bar damit, den besten Mojito der Stadt zu mischen, was schlecht zu überprüfen ist; sehr lecker ist er aber allemal, mit ordentlich viel Limette und Minze (7,50 Euro). Der halbe Liter Tegernseer kostet 3,50 Euro, der Aperol Spritz 5,50 Euro, 0,2 Liter Wein fünf Euro. Die Einrichtung: zwischen hip und wohnzimmergemütlich.

Konzert im Schaufenster

Viel mehr als auf die Getränke kommt es natürlich auf die Gäste an, das wird ja heute manchmal vergessen bei all den Gin-Infusionen und Cocktails, die aufwendiger herzustellen sind als ein ganzes Menü. Also, wer geht da hin? Künstler, Musiker, Gastroleute, Eigenbrötler wie er selbst, sagt Raoufi, Menschen zwischen 20 und 80 Jahren. Es sollen sich schon Bands gefunden haben in seiner Bar. Einmal pro Woche gibt es ein Konzert im Schaufenster, "auf der kleinsten Bühne Neuhausens".

Später am Abend erklärt Manuel, Berliner in München, seit neun Jahren Stammgast, der Bar seine Liebe. Nicht weil die Gäste so verschieden seien, mag er sie. Sondern weil ihre Verschiedenheit nicht zähle. Raoufi begegne allen "mit einer Freundlichkeit, ich würde fast sagen Liebe". Die Traffic Bar ist seine Insel.

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Quelle:
SZ vom 01.09.2017/vewo
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