Strahlender Sonnenschein und weiß-blauer Himmel: Am ersten Wiesnsonntag hatten die Trachtler in München wieder ihren großen Auftritt. 9000 Teilnehmer marschierten zur Theresienwiese. Tausende Schaulustige säumten die Straßen. Punkt 10 Uhr geht es los. 9000 Trachtler setzen sich am Maximilianeum in Bewegung.
Die Richtung ist klar: zur Theresienwiese. Doch bis die unzähligen Wagen, Kutschen und Folkloregruppen beim Oktoberfest ankommen, werden mehr als zwei Stunden vergehen.
Wer Glück hat, muss den weiten Weg zur Festwiese nicht zu Fuß gehen, sondern darf in einer Kutsche fahren oder reiten, wie hier das Münchner Kindl.
In der Kutsche fährt auch Horst Seehofer nebst Gattin Karin. Am Odeonsplatz nimmt er dann in der Loge für Ehrengäste neben dem Ehepaar Ude Platz und winkt ab und zu väterlich in die Menge. So, wie alle Trachtler grüßend, winkend und sich verbeugend an seiner Tribüne vorbeiziehen, könnte man fast glauben, dass Bayern wieder in die Königszeit zurückgefallen ist.
Der traditionelle Trachten- und Schützenzug zum Oktoberfest geht auf das Jahr 1835 zurück. Schon damals zogen Trachtler und Schützen zur Silberhochzeit von König Ludwig I. und Therese von Bayern durch die Stadt. Die Hochzeit des Paares hatte 25 Jahre zuvor, im Jahr 1810, das Oktoberfest begründet.
Seit 1950 ist der wiederbelebte Trachtenumzug fester Bestandteil des Oktoberfestes. Jeweils am ersten Wiesnsonntag ...
... ziehen die Trachten- und Schützenvereine durch München zur Theresienwiese. Hier laufen gerade die Schäffler vorbei.
Mit bis zu 9000 Teilnehmern und sieben Kilometern Länge ist der Trachtenumzug einer der größten der Welt. Alljährlich reisen dafür viele Trachtler aus dem Ausland an.
Diese beiden Herren schnappen sich einfach ihre beiden Begleitungen und wirbeln sie mit fliegendem Dirndl durch die Luft. Das Ganze im Übrigen direkt vor den Augen von Horst Seehofer, der die Vorstellung lachend begutachtet.
Die Kleinsten haben es am schönsten: Sie müssen den weiten Weg nicht laufen, sondern werden in bequemen Wägelchen geschoben und von aller Welt fotografiert, weil sie so putzig sind.
Die Gewänder, die die Trachtler tragen, haben nichts mit den Billigkleidern zu tun, die Touristen gerne auf dem Oktoberfest tragen.
Sämtliche Dirndl und Uniformen sind historische und traditionelle Gewänder und kosten richtig viel Geld, teilweise bis zu mehreren Tausend Euro.
Bei einigen Kleidern ist der Stoff richtig schwer und wiegt mehrere Kilo, was das Marschieren nicht gerade angenehmer macht.
Nicht nur die Seehofers dürfen in einer Prachtkutsche fahren, selbstverständlich auch Oberbürgermeister Christian Ude und seine Frau Edith. Für die beiden ist es das letzte Mal, dass sie als Bürgermeisterehepaar dem Spektakel beiwohnen. Im nächsten Frühjahr endet die 20-jährige Amtszeit Udes.
Natürlich sind auch die Brauereien mit von der Partie. Mit geschmückten Gespannen bringen sie Holzfässer zur Theresienwiese. Wobei die Fässer hier nur zur Schau zum Oktoberfest gefahren werden, denn in den meisten Zelten kommt das Bier aus einem Tank.
Die Männer haben es mit ihrem Outfit relativ einfach: Rein in die Lederhose, ein Trachtenhemd dazu und einen Hut auf den Kopf. Die Damen ...
... gehen oft extra für ihren Auftritt beim Trachtenumzug zum Friseur - oder stylen sich selbst stundenlang zu Hause vor dem Spiegel.
Blaskapellen, Spielmannszüge, Brauereigespanne, Prachtkutschen, Goaßlschnalzer und Fahnenschwinger: Die 9000 Trachtler kommen vor allem aus München und dem Umland.
Aber viele Gruppen sind auch aus anderen Deutschlands nach München gekommen, um sich den Traditionsumzug nicht entgehen zu lassen. Selbst aus Italien, Polen, Kroatien, Griechenland, Tschechien und der Türkei waren Teilnehmer angereist.
Dieses Jahr war der Andrang an Zuschauern wieder besonders groß - kein Wunder, das Wetter spielte perfekt mit. Weiß-blauer Himmel und Sonnenschein brachten nicht nur die Trachtler ins Schwitzen, sondern auch die Besucher am Wegesrand.
Besonders glücklich dürfen sich die Anwohner schätzen, die den Zug einfach mit einem Blick aus ihrem Fenster beiwohnen können. Unter den Schaulustigen waren dieses Jahr zudem viele Touristen aus China und Spanien, die die bunten Kostüme und die Marschmusik mit Begeisterungsstürmen begleiteten.
Heute scheinen die Trachtler den Ministerpräsidenten in seiner Ehrenloge zu bejubeln. Zur Königshochzeit 1810 huldigten Vertreter aller bayerischen Volksgruppen der königlichen Familie: Eine Gruppe von 16 Kinderpaaren in den verschiedenen Landestrachten zog mit Blumen und Früchten zum Königspavillon. Nicht ohne Hintersinn.
Denn vier Jahre nach der Proklamation des Königreichs sollten sich alle Volksstämme im neuen, größeren Bayern, dem nun auch große Teile Frankens und Schwabens angehörten, einbezogen fühlen. Ein Versuch der Integration, bei der Eigenarten geachtet werden sollten, ja sogar erwünscht waren.
Traditionell beim Trachtenumzug dabei sind auch die Münchner Moriskentänzer, die zum Christentum konvertierte Mauren darstellen und an diesem ersten Wiesnsonntag durch ihre akrobatischen Sprünge auffallen.
Das 180. Münchner Oktoberfest dauert noch bis zum 6. Oktober 2013 - bis dahin werden die Trachten bei manchen Teilnehmern im Dauereinsatz sein.