Trabrennbahn Daglfing:Nach ihm die Bagger

Lesezeit: 3 min

"Wir fühlen uns missbraucht": Während Daglfings Traber gegen einen Umzug nach Maisach kämpfen, mehren sich die Zweifel am früheren Vorsitzenden Stadler und dem Chaos, das er hinterlassen hat.

Andreas Liebmann

Alfred Butz hat den Ausspruch seines damaligen Vereinspräsidenten Max Stadler bis heute im Ohr, und jetzt, wo wieder über den Umzug der Daglfinger Traber nach Maisach gestritten wird, geht er ihm auch nicht mehr aus dem Kopf: "Alfred", soll Stadler im Sommer 2000 gesagt haben, "glaub mir: Nach mir kommen die Bagger." Alfred Butz, 63, saß vier Jahre lang gemeinsam mit Stadler im Vorstand des Münchner Trabrenn- und Zuchtvereins (MTZV).

Baufällige Gebäude an der Trabrennbahn Daglfing in München. Nun mehrt sich die Kritik am früheren Vorsitzenden Stadler. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Nicht die Bagger kamen nach Stadler, sondern ein neuer Vorstand, in den die Mitglieder im Juni auch Butz wählten - und der in den vergangenen Wochen bergeweise Unterlagen in der Geschäftsstelle des MTZV gesichtet hat. "Das reinste Chaos" hätten sie vorgefunden, berichtet der neue Präsident Peter Schraegle, immer wieder tauchten ungeöffnete Briefe, unbezahlte Rechnungen oder nicht abgeheftete Dokumente auf.

Je mehr Mosaiksteine sie zusammensetzen, desto wahrscheinlicher wird indes, dass der Verein den von Stadler angebahnten Umzug nach Maisach wird verhindern können.

Es war eine dramatische Mitgliederversammlung am 7. Januar 2005: Zwei Tage zuvor hatte der MTZV Insolvenz beantragt, nun sollten die Mitglieder über den Verkauf des Vereinsgeländes entscheiden. Mit vielen Kaufinteressenten habe es Gespräche gegeben, das versichert Stadler auch heute, doch letztlich habe nur der Unternehmer Günther Karl ein konkretes Angebot abgegeben. Die Mitglieder, von denen nur etwa die Hälfte gekommen war, beschlossen den Verkauf für 11,5 Millionen Euro plus einer zu bauenden Ersatzbahn, mit einer Stimme mehr als der nötigen Dreiviertel-Mehrheit.

Nach heutigem Stand hat der Beschluss einen Haken: Die Ladungsfrist war laut Satzung zu kurz. Deshalb geht der MTZV davon aus, dass er nichtig ist und die Mitglieder in erneuter Abstimmung von den Verträgen abrücken können. Der Vorsitzende habe fortan ja ohne Vertretungsmacht gehandelt.

Unternehmer Karl will auf die Einhaltung der Verträge bestehen

Der Verein pocht auf Rückabwicklung des Geschäfts; an Maisach, so Schraegle, habe man kein Interesse. Unternehmer Karl sagt auf Nachfrage, er werde auf die Einhaltung der Verträge bestehen: In Maisach sehe es so aus, als gäbe es bald die Baugenehmigung, zudem müsse er ja nur "irgendwo im Umkreis von 90 Kilometern" eine Bahn bauen: "Das werde ich tun."

Dass er - wie der Verein verbreitet - das Grundstück in Daglfing bereits zum Weiterverkauf offeriere, stimme nicht: "Ich bekomme lose Anfragen, die ich mir höflichkeitshalber anhöre." Vom Wettvermarkter Win-Race hingegen ist zu hören, Karl habe das Gelände sowohl ihnen als auch der Schörghuber-Gruppe angeboten - die dies nicht kommentiert.

Noch ist der Grund in Daglfing nicht an Karl überschrieben. Allerdings hat ein notarieller Nachtrag zum Kaufvertrag am 1. Juni 2011 dies auf den Weg gebracht - ein Termin, an den sich seltsamerweise weder Karl noch Stadler korrekt zu erinnern scheinen: Karl gab auf Nachfrage an, nichts von diesem Nachtrag zu wissen, "das machen meine Mitarbeiter". Stadler erklärte, er glaube, ohne Vorstandskollegen beim Notar gewesen zu sein.

Tatsächlich weisen die notariellen Unterlagen nach SZ-Informationen als anwesend aus: Günther Karl für dessen Firma Intech - und seinen Sohn André Karl als Vertreter des Vereins. Stadler fehlte, André Karl ist nicht mal Mitglied. Stadler bestätigt den Vorgang nun. Es sei ja nur um einen Vollzug gegangen, nicht um neue Vereinbarungen.

Über die Motivation Stadlers, der nun Karls Anwälte mit Vereinsdokumenten beliefert haben soll, rätselt nicht nur sein Nachfolger. Auch Dietrich von Mutius, Geschäftsführer von Win-Race, äußert Zweifel. Sein Unternehmen, das im Auftrag des Hamburger Milliardärs Christian Herz (Tchibo) den deutschen Trabrennsport fördert, habe eine halbe Million Euro in den MTZV gesteckt, dann sei das Vertrauen aufgebraucht gewesen.

Man habe nie verstanden, wieso die Bauverpflichtung in Maisach nie auf einen Betrag x festgelegt worden sei, den der MTZV hätte geltend machen können - Win-Race hätte einen seriösen Bau auf 7,5 Millionen Euro geschätzt; oder wieso Stadler die Frist für die neue Bahn um Jahre verlängert habe, ohne daraus für den Verein dringend nötiges Kapital zu schlagen. "Wir konnten nicht erkennen, dass Herr Stadler hier die Vermögensposition des Vereins vertreten hat", sagt Mutius: "Wir fühlen uns missbraucht."

Zum Thema Win-Race möchte Stadler gar nichts sagen. Dass er sich weiter für das Geschäft mit Karl einsetze, bestreitet er ("das ist mir wurscht"), gegen Vorwürfe aber müsse er sich wehren; nur in eigener Sache gebe er Dokumente weiter. In einigen Tagen, verspricht er, werde er bei den Mitgliedern "einiges richtigstellen".

© SZ vom 04.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: