"Top Ten" der Wirtschaft:Wer in München die Macht hat

Münchner Skyline mit Hochhäusern, 2013

Stadtweit sollte es keine Ausweisung von Zonen, in denen Hochhäuser bis oder über 80 Meter entstehen dürfen, geben - das ist das Begehren der Hochhausgegner.

(Foto: Florian Peljak)

Eigentlich ist es Nebensache, wer im Rathaus regiert - die wahre Macht in München haben sowieso die Macher aus der Wirtschaft. Wer aber ist der Wichtigste von ihnen? Vielleicht jene verschwiegene Unternehmerin aus Bogenhausen, die unsere Banknoten druckt.

Von Ulrich Schäfer

Christian Ude, kein Zweifel, ist der wichtigste Politiker der Stadt, unbestritten - und das seit 20 Jahren. Uli Hoeneß, kein Zweifel, ist der wichtigste Sportmanager der Stadt, unbestritten - und das seit 34 Jahren. Und Batic und Leitmayr, kein Zweifel, sind die wichtigsten Kommissare der Stadt, unbestritten - und das seit 22 Jahren.

Aber eigentlich kommt es in München ja vor allem auf eines an: aufs Geld. Denn München ist nicht nur die teuerste Großstadt der Republik; die Metropole der Ein- und Zwei-Sterne-Restaurants sowie der Vier- und Fünf-Sterne-Hotels; der große Boulevard der Edel-Marken und Edel-Boutiquen. Sondern hier wird auch mehr Geld geschaffen als irgendwo sonst in der Republik: Nirgends sind die Einkommen und Vermögen so hoch und die Arbeitslosenzahlen (jedenfalls in einer Großstadt) so niedrig wie in München.

Und deshalb sind die wahren Macher in München jene Menschen, die den produktiven Kern dieser Geldschöpfung hüten, ihn pflegen, ihn entwickeln und ausbauen: die Herren und Damen (ja, die gibt es auch) der Wirtschaft. Sie prägen und verhelfen München zu seinem Wohlstand: den Menschen, die in den Unternehmen Arbeit finden; den Eigentümern, denen die Firmen gehören; und der Stadt, die sich über die Steuereinnahmen freut.

Wer sind die "Top Ten"?

Es gibt in München allerdings so viele erfolgreiche, so viele wichtige Unternehmen, dass es nicht leicht ist, unter all diesen Machern und Machthabern der Wirtschaft jene zehn zu identifizieren, die die "Top Ten" ausmachen. Das trifft im Übrigen auch für manch andere Folge in dieser Serie zu, etwa für die Frage, wer denn der wichtigste Gastronom der Stadt ist.

Oder anders gewendet: Ist Erich Sixt, der angesichts seiner werblichen Omnipräsenz den Alfons Schuhbeck unter den Münchner Unternehmern darstellt, nun bedeutsamer als der umtriebige Roland Berger, der in gewisser Hinsicht den Michael Käfer unter den Strippenziehern der Wirtschaft gibt? Oder ist nicht in Wahrheit Joe Kaeser der Wichtigste, weil das Logo von Siemens weltweit nun mal genauso bekannt ist wie inzwischen das zerfurchte, sonnengebräunte Gesicht von Charles Schumann?

Aber was ist mit jenen, die in der Top-Ten-Liste gar nicht auftauchen? Sind sie nicht wichtig? Sind ihre Unternehmen nur zweite Wahl? Keineswegs. Doch es gilt nun mal, eine Auswahl zu treffen. Und so stehen die zehn Wirtschaftsgrößen jeder für einen bestimmten Aspekt, einen bestimmten Bereich der Münchner Wirtschaft, in dem es aber stets auch noch viele andere erfolgreiche Unternehmen und einflussreiche Macher gibt.

Groß, größer am größten

Joe Kaeser zum Beispiel: Er führt mit Siemens den größten Industriekonzern der Stadt (370 000 Mitarbeiter weltweit) und zugleich Münchens Unternehmen mit dem größten Börsenwert (83 Milliarden Euro). Aber natürlich gibt es noch andere Industrieriesen, Linde etwa oder Infineon.

Oder Michael Diekmann: Der Chef der Allianz leitet den größten Finanzkonzern der Stadt, übrigens auch das Unternehmen mit dem größten Umsatz (106 Milliarden Euro) - mehr als bei Siemens. Aber wichtige Finanzfirmen sind auch Münchner Rück, Hypovereinsbank oder BayernLB, nicht mehr dagegen die Hypo Real Estate.

Oder Norbert Reithofer: Er ist der wichtigste Auto-Mann der Stadt, BMW setzte im vergangenen Jahr fast 77 Milliarden Euro um. Das Unternehmen betreibt zudem, auch das ist nicht zu verachten, mit der BMW-Welt eine der wichtigsten Touristenattraktionen des Freistaats, die weit mehr Besucher anlockt als Neuschwanstein. Aber natürlich gibt es in der Autobranche auch noch den Lastwagenbauer MAN oder große Zulieferer wie Knorr-Bremse.

Oder Michael Kerkloh: Der Westfale leitet Münchens wichtigsten Verkehrsbetrieb (wenn auch nicht auf Stadtgebiet gelegen) - den Flughafen. Der Airport Franz Josef Strauß ist Münchens Tor zur Welt, so wie Hamburgs Tor zur Welt der Hafen ist. Aber selbstverständlich würde der Verkehr in der Stadt und der tägliche Pendlerwahnsinn auch nicht funktionieren ohne die Chefs von MVV, MVG und S-Bahn.

So lässt sich das fortsetzen, quer durch alle Bereiche der Wirtschaft.

Reichtum, Bekanntheit, Macht

Alexandra Schörghuber etwa: Sie ist mit dem Firmenimperium der Schörghuber-Gruppe die wichtigste Brauerei-Chefin der Stadt (Paulaner) und zugleich die wichtigste Immobilien-Eigentümerin (Arabellapark, Bayerische Hausbau), gefolgt von den anderen großen Brauereien und großen Haus- und Grundbesitzern.

Alexandra Schörghuber, 2011

Alexandra Schörghuber, Jahrgang 1958, übernahm nur wenige Wochen nach dem Tod ihres Mannes vor fünf Jahren die Leitung des Familienkonzerns. Die Unternehmerin ist kunstinteressiert: So bekommt das Haus der Kunst jährlich 500.000 Euro.

(Foto: Stephan Rumpf)

Oder Florian Bieberach: Er leitet seit kurzem die Stadtwerke, den wichtigsten, weil umfassendsten Eigenbetrieb der Stadt, der die Bürger mit Wasser, Gas, Schwimmbädern und weiteren wichtigen Dingen des Lebens versorgt - so wie in Sachen Geld natürlich auch die Stadtsparkasse.

Oder Hubert Burda: Er führt in einer Stadt der Medien das bedeutsamste Medienimperium, sein Verlag bietet von Klatsch (Bunte) über News (Focus) bis Tierfutter (Internetportal Zooplus) eine recht bunte Palette, was aber auch diverse TV-Sender, Filmfirmen und Buchverlage tun.

Oder Roland Berger: Er ist der wichtigste Berater. Bedeutsame Unternehmer hören (gegen Honorar) auf den Rat des 75-Jährigen, ebenso aber auch wichtige Politiker (honorarfrei).

Und schließlich Erich Sixt: Er bietet die schönsten Mietautos an und schaltet die lustigsten Werbeanzeigen, was meistens gelingt, manchmal aber auch in die Hose geht.

Erich und Regine Sixt erhalten Bayerischen Verdienstorden, 2011

Als langweilig bezeichnete Erich Sixt, Jahrgang 1944, sein BWL-Studium und brach es nach vier Semestern ab. Seine Autovermietung baute Sixt dennoch zu einem der größten Unternehmen der Branche aus.

(Foto: Catherina Hess)

Doch da es ja, wie eingangs erwähnt, in der Wirtschaft letztlich darum geht, wer wie viel Geld schöpft, darf in der Liste der zehn wichtigsten Wirtschaftsgrößen dieser Stadt natürlich eine Frau nicht fehlen, die kaum jemand kennt, was aber letztlich auch Teil der Geschäftsphilosophie ihres Unternehmens ist.

Ihr Name: Verena von Mitschke-Collande. Sie ist die Eigentümerin von Giesecke & Devrient, jener verschwiegenen Druckerei, die mehr Geld schöpft (im wahrsten Sinne des Wortes) als irgendwer sonst in München.

Die meisten Banknoten, die wir täglich in Händen halten, werden bei Giesecke & Devrient gedruckt. Aber nicht nur Euros stammen aus den Geldpressen in Bogenhausen und werden per Geldtransporter quer durch Europa gefahren, sondern auch andere Währungen. Das Unternehmen beherrscht nach eigenen Angaben 30 bis 40 Prozent des Weltmarkts für Banknoten - und ist damit nicht nur in München unbestritten die Nummer eins.

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