Süddeutsche Zeitung

Spitzengastronomie:Sternekoch Tohru Nakamura eröffnet zweites Restaurant

Lesezeit: 2 min

"Die Schreiberei" zwischen Diener- und Burgstraße wird die zweite Anlaufstelle für die Köstlichkeiten des Spitzenkochs. Das neue Restaurant soll einem Brasserie-Konzept folgen.

Von Sarah Maderer

Unter den kulinarisch diversen Szenevierteln rangiert die Münchner Innenstadt rund um den Marienplatz nicht gerade an erster Stelle, viele Einheimische steigen dort höchstens mit dem Auswärtsbesuch im nächstgelegenen Schweinebraten-Repräsentantenhaus ab. Vom 30. Juli an erweitert sich nun die kulinarische Auswahl um Tohru Nakamuras "Schreiberei". Nachdem der Sternekoch im Herbst 2020 seinen Werneckhof coronabedingt hatte aufgeben müssen, näherte er sich dem knapp 500 Jahre alten Bürgerhaus zwischen Diener- und Burgstraße schrittweise an: Auf das Pop-Up-Restaurant "Salon Rouge" folgte ein Streetfood-Markt-Intermezzo, ehe vergangenen Dezember das mit zwei Sternen prämierte Fine Dining Restaurant "Tohru" in den ersten Stock einzog. Nach zweijähriger Umbauarbeit eröffnet nun auch im Erdgeschoss "Die Schreiberei".

Eine Auszeit vom Innenstadt-Trubel mit französischem Flair verspricht Nakamuras neues Brasserie-Konzept, das er gemeinsam mit dem Gastro-Unternehmer Marc Uebelherr erarbeitet hat. Entschleunigung und Frankophilie beginnen bereits im Innenhof, den man über die Dienerstraße 20 betritt: Sanftes Lavendelgrün zu den schwarz-weißen Wandfliesen der verglasten Küche, des Herzstücks im Innenhof, dazu der plätschernde "Genießerbrunnen" mit der Gravur " In vino veritas", als Weinkühler geradezu prädestiniert. Mit etwas Glück kann man kurz vor dem Eingang zum Gastgewölbe den Blüten der Taglilie, die Johannes Schwarz vor drei Jahren für Nakamura gepflanzt hat, beim Er- oder Verblühen zusehen.

Mit Johannes Schwarz als einem von vielen lokalen Lieferanten arbeitet Nakamura seit Jahren zusammen. Schwarz beliefert so manches Münchner Fine Dining Lokal mit tagesfrischem Gemüse, Kräutern und Blüten aus seinen Gewächshäusern in Johanneskirchen, darunter auch das "Tohru" und nun die "Schreiberei". Genauso macht Schwarz morgens beim Beliefern nebenan im Ratskeller Halt, zu dem Nakamura ein nachbarschaftlich enges Verhältnis pflegt. Ratskeller-Küchenchef Michael Schubaur kennt Nakamura seit seinem ersten Berufsschul-Lehrjahr, in dem er bei Ausbilder Schubaur "Fachpraxis Kochen" absolvierte. "Da ist viel Austausch da, mal teilt man sich die Kapazität der Tiefkühler, mal läuft man schnell rüber und holt einen Bund Petersilie", erzählt Nakamura bei einem schlichten Glas Wasser.

Die französische Speisekarte hat einen japanischen Einschlag

Apropos Wasser: Neben selbstgeröstetem Kaffee aus dem Werksviertel bietet die Schreiberei auch selbstgefiltertes Wasser und verzichtet auf überteuerte Flaschen. Diese Ersparnis kommt spätestens bei den Hauptgängen gelegen, die sich um die 35 bis 40 Euro bewegen sollen, darunter die Imperial Wachtel mit Artischocke und Barigoulefond. Für weniger Budget gibt es auch kleinere Snacks und Vorspeisen, tagsüber zum Beispiel eine Tartarkarte aus Fisch, Fleisch und Vegetarischem, außerdem Eclairs oder Macarons fürs Frankreich-Flair zum Kaffee. Dazu bietet das Bar-Team um David Lindner neben bekannten Cocktail-Klassikern spannende alkoholfreie Kreationen wie einen Negroni aus alkoholfreien Bitterspirituosen und Gin-Ersatz.

Die französische Speisekarte mit japanischem Einschlag hat Nakamura gemeinsam mit dem jungen Schreiberei-Küchenchef Tom Heeg entwickelt. Frischer Input und viel Vertrauen seien die Basis dieser Zusammenarbeit, da Nakamura seinen Kücheneinsatz hauptsächlich auf das "Tohru" ausrichten wird und die "Schreiberei" als neue Spielwiese nutzen möchte: "Hier kann ich kreative Ideen realisieren, die in einem Zwei-Sterne-Restaurant nicht so schnell umsetzbar wären", so der Spitzenkoch.

Für das richtige Ambiente auf Nakamuras Spielwiese sorgt das Architektenduo Hildmannwilke, das bereits dem "Tohru" Wohnzimmerflair einhauchte. Auch im Gastraum-Gewölbe der "Schreiberei" hält man am bewährten Samtpolster in gedeckter Farbe fest, doch verbinden sich in diesem Raum besonders die Elemente aus Alt und Neu, aus historischer Bausubstanz und zentriertem, von freistehenden Lounge-Sofas gesäumtem Bar-Rondell. Architekturfans auf Sightseeing-Tour werden hier gleichermaßen fündig werden wie Instagrammerinnen, die sich nach dem Shoppen mit Aperitif vor Efeu-Wand und Neon-Schriftzug wie "Emily in Paris" in Szene setzen wollen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5624198
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.