Bayerns Opernhäuser und Staatstheater verabschieden sich nun in die Sommerpause. Das bedeutet natürlich nicht, dass das Publikum jetzt auch Urlaub vom Musiktheater machen muss. Im Gegenteil, es gibt sehr schöne Gelegenheiten für Ferien, Oper inklusive. Und das sogar mit einigen der berühmtesten Frauen der Opernliteratur. Es ist schließlich Festival-Zeit.
Weil diese auf Gut Immling im Chiemgau am 10. August zu Ende geht, also rasch der Blick ins dortige Festspielhaus, wo die Pausen nicht mit schrillem Klingeln oder Fanfaren, sondern mit Kuhglocken angezeigt werden. Letzte Gelegenheit, vor der prächtigen Naturkulisse gleich drei Opern-Leckerbissen zu genießen. Intendant Ludwig Baumann präsentiert in diesem Jahr Verdis „La Forza del Destino“ (2. und 9. 8.), Bizets „Carmen“ (8.8.) und Puccinis „Manon Lescaut“ (1.8.).

In Baumanns „Manon“ gibt es da dieses starke Bild, man sieht ein wartendes Flugzeug, Manon im Gitterkäfig, sie soll aus Frankreich abgeschoben werden in ein Straflager in den Kolonien, die heutige USA. Der Regisseur findet für Puccinis Oper, die ursprünglich im Frankreich des 18. Jahrhunderts spielt, reichlich aktuelle Bezüge. Seine Manon (Maria Natale) ist eines dieser Influencer-Mädels, selbstverliebt träumt sie den Traum vom Leben in Luxus, den ihr der reiche Geronte (Tiziano Bracci) als Sugar-Daddy erfüllen kann. Doch in diesem Lebensentwurf kommt ihr der Student Des Grieux (Vasyl Solodkyy) in die Quere, ein Coup de foudre, die Liebe schlägt ein wie ein Blitz, gegen den sich Manon nicht erwehren kann. Des Grieux wird sie schließlich begleiten, nach Amerika, in den Tod. Eindrucksvolle Szenen mit großartigen Stimmen erwartet das Publikum hier beim Immling Festival, und ein souverän aufspielendes Festivalorchester, alles wie immer in bewährten Händen der Musikalischen Leiterin Cornelia von Kerssenbrock. Infos zum Programm unter www.immling.de

Von Immling nach Salzburg, Luftlinie 80 Kilometer, zu drei Frauen, denen man im wirklichen Leben eher nicht so gern begegnen möchte. Ein Besuch der Salzburger Festspiele lohnt in diesem Sommer aber allein schon wegen dieser Leading Ladys von der Grünen Insel, die hier in Opern italienischer Komponisten ihr Unwesen treiben. Da sind die beiden Königinnen Elisabetta (Lisette Oropesa) und Maria Stuarda (Kate Lindsey) in Gaetano Donizettis gleichnamiger Oper. Im wahren Leben sollen sich die Cousinen nie begegnet sein. Wie ihre tödliche Feindschaft im Kampf um den englischen Thron ausgingt, ist bekannt. Ulrich Rasche inszeniert die Belcanto-Oper in Salzburg. Eine entscheidende Frage für ihn: War die Tudor-Queen Elisabeth frei in ihrer Entscheidung, Mary hinrichten zu lassen? Antonello Manacorda dirigiert die Wiener Philharmoniker. Für alle Vorstellungen, selbst für die Premiere am 1. August im Großen Festspielhaus, sind noch Karten zu haben.
Das gilt auch für die Wiederaufnahme von Verdis „Macbeth“. Die Inszenierung von Krzysztof Warlikowski hatte 2023 in Salzburg Premiere, der polnische Regisseur lässt die Handlung in den 1930er-Jahren spielen und erzählt vom Aufstieg des Faschismus. Damals wie auch bei den diesjährigen Festspielen singt den Part der machtgierigen Lady Macbeth die litauische Sopranistin Asmik Grigorian, die 2018 in Salzburg mit ihrer Interpretation von Richard Strauss „Salome“ eine Weltkarriere startete. Die Wiener Philharmoniker leitet bei dieser Produktion der Schweizer Philippe Jordan. Vorstellungen gibt es am 9., 14., 17. 20., 26. und 29. August. Infos zum Programm der Salzburger Festspiele unter www.salzburgerfestspiele.at.
Und noch mal ein Ortswechsel, diesmal nach Oberfranken zu den Bayreuther Festspielen. Und ja, auch dort kommt man noch an Karten, einige wenige sind noch verfügbar. Sputen sollte sich also, wer Elīna Garanča als Kundry im „Parsifal“ (24. und 26.8.) nicht verpassen will. Die lettische Mezzosopranistin hatte 2023 in der Partie ihr Debüt auf dem Grünen Hügel. In jener Neuproduktion von Regisseur Jay Scheib, in der im Publikum ein paar Hundert Menschen recht auffällige Brillen trugen und dann via Augmented-Reality-Technik wundersame Dinge auf sich zufliegen sahen, die der unbebrillten Mehrheit im Festspielhaus entgingen. (Karten gibt es noch für die Vorstellungen am 17., 24. und 26. August, Infos unter www.bayreuther-festspiele.de.)
Wieder daheim in München, steht am 29. August eine zweifellos besondere Premiere an, in der Betriebskantine (Casino) des Klinikums Großhadern. Es kann also nur von der Opera incognita die Rede sein, die seit 20 Jahren immer wieder ungewöhnliche Orte für ihre Produktionen findet, wie etwa den Münchner Justizpalast, das Müller’sche Volksbad oder das Ägyptische Museum.
Zum Jubiläum kehrt die Opera incognita zu ihren Anfängen zurück. 2005 realisierte die Truppe in der Reaktorhalle eine Aufführung von Christoph Willibald Glucks kaum gespielter Oper „Armide“. Nun widmete sich die Opera seinem Werk „Alceste“, in dem es um Liebe und Tod geht. König Admetus liegt im Sterben, ein Orakel prophezeit, dass er nur gerettet werden kann, wenn jemand freiwillig an seiner Stelle stirbt. Königin Alceste opfert sich … Eine Geschichte über Krankheit und Tod, aber auch Heilung, die die Opera incognita da in Deutschlands zweitgrößtem Krankenhaus erzählen wird. Weitere Aufführungen sind am 30. August, 5., 6., 12., und 13. September jeweils um 19.30 Uhr. Infos unter www.opera-incognita.

