Stadtkinder denken, dass Kühe lila sind, haben noch nie ein echtes Schwein gesehen und wissen nicht, dass es die Hühner sind, die die Eier legen. Alles nur ein Vorurteil? Längst ist es nicht mehr selbstverständlich, dass alle Erstklässler genau erklären können, was ein Bauernhof ist - Grundschullehrer können davon so einige Geschichten erzählen.
Der Tierpark Hellabrunn will dem Nicht-Wissen über heimische Tierarten sein Mühlendorf entgegensetzen, das derzeit entsteht. Dort werden heimische, vorwiegend mitteleuropäische und teilweise vom Aussterben bedrohte Haus- und regionale Wildtiere leben. In einer noch zu bauenden Tierparkschule sollen Kinder und Jugendliche aller Schularten vertiefende Informationen erhalten. Knapp vier Millionen Euro soll der Bildungsausschuss des Stadtrats dafür in der kommenden Woche freigeben - zu viel, wie manche Stadträte finden.
Die Tierparkschule, im Juli 1984 eröffnet, ist mittlerweile zu einer festen Größe in der Münchner Schullandschaft geworden. Drei Realschullehrer arbeiten momentan dort, sie haben von 2013 bis 2015 etwa 1000 Veranstaltungen für Schüler von der Grundschule bis zum Gymnasium organisiert. Zudem gab es im gleichen Zeitraum 55 Lehrerfortbildungen, es wurden mehr als 70 Seminararbeiten von Abiturienten und fast 60 wissenschaftliche Arbeiten an den beiden Münchner Universitäten betreut.
Die Lehrer bieten Unterrichtsgänge ebenso an wie mehrtägige Projekte. Schüler sollen dabei Wissen über die Tiere erwerben, über ihre Anatomie und ihre Lebensweise, und sich gleichzeitig in Kompetenzen wie Basteln, Beschreiben, Präsentieren, Teamarbeit und Verantwortung üben. Sie beobachten die Tiere, erkunden die Gehege oder suchen nach Tierspuren.
In der neuen Tierparkschule soll das Münchner Lernhauskonzept einen zeitgemäßen Unterricht ermöglichen. Nach den Plänen des Zoos wird das Gebäude über ein großes Foyer mit langen Sitzbänken erschlossen, in dem auch Ausstellungen stattfinden können. Die Raumflucht verlängert sich längs durch das Gebäude zu einem "lebendigen Klassenraum", der lediglich durch eine Verglasung vom Ausstellungsfoyer abgetrennt ist.
Dieser Lern- und Lehrraum hat ein Panoramafenster hin zum angegliederten Ziegenstall und eine Terrarienwand, er öffnet sich mit den Fenstern direkt zum Mühlendorf und seinen Gehegen. Über eine Stiege gelangt man ins Obergeschoss mit flexibel nutzbaren Räumen und Präsentationsflächen dazwischen - ganz so, wie die Stadt auch ihre regulären Schulen bauen lässt. Draußen soll ein Freiluft-Klassenzimmer entstehen; das Gebäude kann auch für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden.
"Die Räume der Zukunft brauchen eine multifunktionale und inklusive Ausstattung, die eine anregende, motivierende Atmosphäre schaffen und ein schülerzentriertes, handlungsorientiertes und bewegtes Lernen ermöglichen", schreibt das Bildungsreferat in seiner Sitzungsvorlage, über die der Stadtratsausschuss am kommenden Mittwoch beschließen soll.
Bis zum Frühjahr 2019 soll der Neubau stehen. Vom Freistaat allerdings sind keine Zuschüsse zu erwarten, so dass die Stadt den Bau selbst finanzieren müsste. Der Tierpark rechnet derzeit mit Kosten von bis zu 3,9 Millionen Euro, darin ist allerdings eine Risikoreserve von gut einer halben Million enthalten, die eventuell gar nicht benötigt wird.
Die Bedeutung des Projekts ist im Stadtrat relativ unumstritten. "Das wird ein toller Lernort", sagt etwa die bildungspolitische Sprecherin der SPD, Birgit Volk. Positiv sei auch, dass das Gebäude nicht nur von Schulen benutzt werden könne, sondern auch für Veranstaltungen, sagt die CSU-Bildungspolitikerin Beatrix Burkhardt.
Mit der Höhe der Kosten wird sich das Gremium allerdings noch einmal beschäftigen. "Wir nehmen zur Kenntnis, dass unser Wunsch so viel kostet", sagt Volk. Dennoch müsse noch einmal darüber gesprochen werden, wie der hohe Standard zusammenkomme - und ob die Pläne nicht noch abgespeckt und damit billiger werden könnten.