Süddeutsche Zeitung

Tiere in München:Dieser Hahn ist nicht gerne allein

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Maxl ist blind, deswegen nimmt Jürgen Drostel ihn manchmal mit ins Büro im Landeskriminalamt. Und das hört man dann auch.

Interview von Julian Hans

Dass Kollegen ihre Kinder mit ins Büro bringen, kommt immer wieder vor. Aber Jürgen Drostel, 48, bringt hin und wieder seinen Hahn Maxl mit zu seinem Schreibtisch im Landeskriminalamt (LKA).

SZ: Herr Drostel, dass Hunde die Polizei bei der Arbeit unterstützen, ist bekannt. Bei welchen Ermittlungen konnte Ihr Hahn schon helfen?

Jürgen Drostel: Bis jetzt bei keinen. Ich bin ja auch kein Ermittler, ich arbeite in der Personalverwaltung. Weil der Maxl blind ist, kann ich ihn nicht alleine lassen. Er braucht Hilfe bei der Futtersuche.

Stimmt das Sprichwort also gar nicht, nachdem auch ein blindes Huhn manchmal ein Korn findet?

Manchmal schon, aber leider nicht oft genug. Als der Maxl vor zehn Monaten geschlüpft ist, haben wir ihn am Anfang mit einer Pinzette gefüttert.

Das ist natürlich sehr mühselig.

Wir haben dann ein bisschen experimentiert. Erst haben wir ihn in einen Eimer gestellt, bei dem der Boden ganz mit Körnern bedeckt war, die hat er dann gefunden. Mittlerweile habe ich ihm eine Kiste gebaut, in der kennt er sich aus. Die Körner und das Wasser müssen aber immer an der gleichen Stelle stehen. Drüber haben wir eine Schnur gespannt mit einem Glöckchen dran. Daran kann er sich orientieren.

Und die Kiste nehmen Sie mit ins LKA?

Dafür ist sie zu groß. Er reagiert inzwischen auf unterschiedliche Pfeiftöne für Futter und für Wasser.

Und dann sitzen Sie im Büro und pfeifen?

Naja, schon, aber nur zu den Fütterungszeiten. Die meiste Zeit sitzt der Maxl auf meinem Schoß und schläft.

Was sagen denn Ihre Kolleginnen und Kollegen zu dem tierischen Besuch?

Ich bringe ihn ja nur im Notfall mit. Normalerweise kümmert sich mein Mann um ihn, der arbeitet zuhause. Ich habe natürlich erst die Kollegen und meinen Chef gefragt. Die hatten nichts dagegen. Jetzt wollen ihn natürlich alle sehen und anfassen. Aber das macht ihm nichts aus, er ist Kontakt zu Menschen gewohnt.

Kräht er denn auch manchmal?

Der kräht sogar sehr laut. Besonders, wenn ich das Zimmer verlasse. Er ist nicht gern allein. Beim ersten Mal haben die Kollegen gedacht, das sei ein Klingelton von einem Handy. Aber inzwischen hat sich das rumgesprochen.

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Quelle:
SZ vom 04.04.2019
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