Theater:Kušej wirft Lilienthal Dilettantismus vor

Nach jahrelanger Nachbarschaft geht der scheidende Intendant des Münchner Residenztheaters, Martin Kusej (rechts), hart mit seinem Kollegen Matthias Lilienthal von den Kammerspielen ins Gericht. (Foto: dpa)

Der scheidende Intendant des Münchner Residenztheaters schimpft in einem Interview über seinen Kollegen am benachbarten Theater - der schweigt erstmal.

Kurz vor seinem Abschied aus München geht der Intendant des Residenztheaters, Martin Kušej, hart ins Gericht mit seinem Kollegen Matthias Lilienthal von den benachbarten Kammerspielen. Vor dessen Art des Theaters habe er ja einen "gewissen Respekt", sagte Kušej in der Abendzeitung. "Aber so leid es mir tut: Ich habe in vielen Fällen einen Grad an Dilettantismus und Selbstüberschätzung erlebt, der furchterregend, abenteuerlich oder einfach bescheuert war." Lilienthal, der die Kammerspiele noch ein Jahr leiten wird, äußerte sich dazu am Wochenende nicht.

Seit seinem Amtsantritt 2015 wird er von vielen kritisiert, das klassische Sprechtheater zu vernachlässigen und zu viel Experimentelles auf die Bühne zu bringen. Dass Kušej, der das Residenztheater 2011 übernommen hat, diese Kritik teilt, überrascht nicht: Seine Theaterarbeit und sein Führungsstil sind sehr viel traditioneller und weniger radikal als Lilienthals. Dass er dies aber in derart scharfen Worten öffentlich kundtut, ist zumindest ungewöhnlich.

Resi und Kammerspiele, die beide zu den besten deutschen Bühnen zählen, pflegen seit jeher eine kollegiale Koexistenz. Als die CSU vor einem Jahr den Kammerspielen verbieten wollte, zu einer Demo gegen deren Flüchtlingspolitik aufzurufen, unterstützte Kušej seinen Kollegen öffentlich. Seine Erklärung damals begann mit den Worten: Dass er sich "einmal gezwungen sehen würde", für Lilienthal "eine Solidaritätserklärung abzugeben, hätte ich noch vor ein paar Jahren nicht gedacht".

© SZ vom 22.07.2019 / kast - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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