Theater:Auf Heimat einstimmen

Theater: Mit Geige, Geschichten und Papier vermitteln Hedwig Rost und Jörg Baesecke einen spielerischen Zugang zur deutschen Kultur.

Mit Geige, Geschichten und Papier vermitteln Hedwig Rost und Jörg Baesecke einen spielerischen Zugang zur deutschen Kultur.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Wie geht eigentlich Deutschland? Mit ihrem neuen Stück "Heim-Spiel" versuchen die Leiter der "Kleinsten Bühne der Welt" im Stadtmuseum Deutsch-Anfängern und Alt-Sprachlern Antworten zu geben.

Von Barbara Hordych

Ausgangspunkt für ihre neue Produktion "Heim-Spiel" war der Dokumentarfilm "Sound of Heimat", der Jörg Baesecke und Hedwig Rost, die Leiter der "Kleinsten Bühne der Welt", sehr beschäftigte. "Deutschland ist so stumm", stellt darin der neuseeländische Student fest, als er sich auf eine Entdeckungsreise zur deutschen Volksmusik begibt, erzählt Hedwig Rost.

Sie hat Geige an der Münchner Musikhochschule studiert, von daher sei es ihr nicht neu, "was die Nationalsozialisten der deutschen Volksmusik angetan haben - durch die Ideologisierung und den Missbrauch ist die Tradition von Musik und Gesang hierzulande oft abgebrochen".

Als das Ehepaar dann 2015 ehrenamtlichen Deutschunterricht für die Flüchtlinge gab, die in einem Notaufnahmelager in Pullach untergebracht waren, tauchte sie wieder auf, die Frage: "Wo ist meine Kultur? Wie lernt man eigentlich Deutschland?". Fragen, die sie zu ihrem Stück "Heim-Spiel" inspirierten, das an diesem Sonntag Premiere im Stadtmuseum hat.

Zunächst einmal sei das Ganze ein Balanceakt, erklären die Akteure bei einem Besuch in Pullach, wo die mobile Bühne im Wohnzimmer aufgebaut ist. "Das Stück richtet sich an Deutsch-Anfänger, die zehn, aber auch dreißig Jahre alt sein können; aber auch für deutschsprachige Grundschulkinder ist es konzipiert", sagt Jörg Baesecke.

Der Volljurist hat sich schon vor Jahrzehnten für eine Existenz als professioneller Erzähler entschieden; als solcher tritt er an der Münchner Schauburg genauso auf wie deutschlandweit und international - so war er seinerzeit mit Christian Ude in Harare, wo er in Münchens Partnerstadt mit seinem kleinen Papier-Theater die Legende vom "Affenturm" vorstellte. "Begleitetes Erzählen" nennt Baesecke seine Darstellungsweise, wenn er entweder von seiner Partnerin Hedwig Rost akustisch oder mit Papierobjekten visuell unterstützt wird.

Beide Techniken kommen auch in "Heim-Spiel" zum Einsatz. Als Schwerpunkt haben sie sich das Thema "Vogel" gewählt: "Fröhliche wie auch melancholische Lieder gibt es da jede Menge, von "Kommt ein Vogel geflogen" über "Kuckuck, Kuckuck" bis hin zu "Der Kuckuck und der Esel", sagt Hedwig Rost. Gerade an letzterem lasse sich wunderbar erklären, dass man in Frieden zusammenleben könne - auch wenn man so verschieden sei wie Kuckuck und Esel.

Abzählreime, Fadenspiele und Rätsel sind die Ingredienzen eines Programms, das sprachspielerisch einen Zugang zur deutschen Sprache für die Neuankömmlinge eröffnen will. Nicht zu vergessen die von Baesecke so geliebten "Kritzelgeschichten". "Punkt Punkt Komma Strich - Fertig ist das Mondgesicht" ist sicher eines der bekanntesten Beispiele dieses Genres. Baesecke führt aber auch selbst erdachte "Drawing Stories" auf einer schwarzen Tafel vor, darunter eine "Storchengeschichte" - da wäre es wieder, das Vogelthema.

Für die Zuschauer sei es nahezu "magisch", wenn sich vor ihren Augen "etwas abzeichne", hat Baesecke erfahren. "Das ist ein ganz anderes Erlebnis, als nur fertige Ware vorgesetzt zu bekommen", sagt Hedwig Rost. Dasselbe gelte für die "Fadenspiele", die sie mit der Schnur vorführen. "Auch so eine vergessene Kunst, mit der sich Kinder früher bei Regentagen vergnügten", sagt Baesecke.

Wenn die beiden in Grundschulen zu Gast sind, würden sie im Anschluss an ihre Vorführungen regelrecht belagert, die Kinder wollten wissen, wie das ginge und es nachmachen. "Wenn dann nur einige später zu Hause nach Papier und Faden greifen, statt nach dem Tablet oder der Fernbedienung, ist unheimlich viel gewonnen", sagt Baesecke.

Heim-Spiel, ab 7 J., So., 27. Nov., 15 Uhr, Stadtmuseum, Saal, Sankt-Jakobs-Platz 1, 089/23324482

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