The Notwist:Abschied vom Tüftler

The Notwist

Getrennte Wege gehen "The Notwist" und der stilprägende Soundtüftler Martin Gretschmann (rechts).

(Foto: Jon Bergman)

Martin Gretschmann tritt bei der Indieband kürzer

Von Jürgen Moises

Für Überraschungen waren The Notwist schon immer gut. Beim ausverkauften Doppelkonzert der Weilheimer Band in der Alten Kongresshalle lautet die erste: Martin Gretschmann alias Console ist nicht mehr dabei, der geniale Elektroniktüftler, der den Notwist-Sound seit 1996 entscheidend mit geprägt hat. Von Seiten des Managements und auch von Gretschmann selbst heißt es dazu, dass sich eigene Projekte wie Acid Pauli und die Aufritte mit The Notwist zeitlich immer schwieriger vereinbaren ließen. Deswegen stand er auch letzten Herbst schon nicht mehr mit auf der Bühne. Eine weitere Zusammenarbeit im Studio schließt das aber angeblich nicht aus. Trotzdem stellt man sich schon ein klein bisschen die Frage: The Notwist völlig ohne das warme Blubbern, Klackern und Gezirpe aus Martin Gretschmanns Elektronikreglern, kann man sich das überhaupt noch vorstellen?

Für die Bühne ist jedenfalls schon ein vielversprechender Ersatz gefunden: Cico Beck, der sich mit seinem Projekt Joasihno bereits als gewiefter Soundbastler erwiesen hat und mit The Notwist seit Jahren eng verbandelt ist. In der Kongresshalle unterstützt er als Gitarrist und Keyboarder die Band, die ansonsten aus der bewährten Erfolgsmannschaft der letzten Jahre besteht: Markus Acher an Gitarre und Gesang, Micha Acher am Bass, Andi Haberl am Schlagzeug, Max Punktezahl an Gitarre und Keyboard sowie Karl Ivar Refseth am Vibraphon. Wobei, das stimmt nicht ganz. Denn als weitere, diesmal sehr schöne Überraschung stehen beim Song "Pick Up The Phone" plötzlich drei Bläser auf der Bühne. Auch danach sorgen die zwei Posaunen und das Saxofon immer wieder für wohlige Begleittöne.

Die tatsächlich schönste Überraschung beim Konzert ist aber einfach die, dass The Notwist bereits ein Jahr nach den Jubiläumskonzerten im Circus Krone schon wieder auf einer Münchner Bühne stehen. Denn davor hatte sich die wichtigste deutsche Indie-Band ziemlich rar gemacht, weil fast alle Mitglieder ähnlich wie Gretschmann in allen möglichen Musikprojekten verstrickt sind. Mit dem Album "Messier Objects" gibt es sogar einen aktuellen Anlass, auch wenn in der Kongresshalle nichts davon gespielt wird. Denn die Platte enthält ausschließlich Kompositionen für Theaterstücke oder Hörspiele. Stattdessen gibt es ein vielleicht tatsächlich etwas gitarrenlastiger als sonst klingendes, mitreißendes Best-of-Programm: von "Kong", "Close To The Glass" über "Gravity" und "Gloomy Planets" bis zurück zum alten Indieschrammler "My Faults". Den gibt es als Zugabe, zusammen mit "Neon Golden" und "Pilots". Der zweite Zugaben-Block wird eher ruhig: mit "Trashing Days", "Consequence" und zuletzt "Gone Gone Gone". Heißt es darin nicht: "we will never let you go"? Aber das jetzt als aktuelle Botschaft zu verstehen, das wäre wohl doch ziemlich versponnen.

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