Früher war alles besser, erzählen einem die Kollegen in der Konferenz oder der Kantine. Früher, das waren die Zeiten, als Zeitungsmenschen noch Einfluss, Macht und prall gefüllte Spesenkonten hatten – als sie ebenso geachtet wie gefürchtet waren. Doch wenn früher wirklich alles besser gewesen sein soll: Wie war es dann davor? Also in der Zeit vor dem Früher?
Davon erzählt der britische Regisseur Anand Tucker in seinem Film „The Critic“: Auch bei ihm war es früher besser, genauer gesagt vor 1934. In diesem Jahr setzt die Handlung ein, es geht um einen Theaterkritiker, der für eine Londoner Boulevardzeitung schreibt. Wenn Jimmy Erskine (Ian McKellen) eine Aufführung gefällt, lobt er sie in höchsten Tönen.
Wenn ihm aber etwas missfällt (was sehr viel öfter vorkommt), kann er ganze Karrieren zerstören. Das wiederum findet der Sohn (Mark Strong) des verstorbenen Verlegers nicht ganz so gut: Er wünscht sich einen freundlicheren Tonfall in der Zeitung. „More beauty, less beast“, sagt er. Dass sein Chef-Theaterkritiker Männer im Park für sexuelle Gefälligkeiten bezahlt und nebenbei ein unsittliches Verhältnis zu seinem Sekretär unterhält, kommt dem Neu-Verleger aber gelegen: So kann er ihn bald loswerden, Jimmy Erskines Tage in der Redaktion sind gezählt.
So schnell gibt sich dieser aber nicht geschlagen: Er setzt eine Schauspielerin (Gemma Arterton), die er bisher auf dem Kieker hatte, die er mit Seeungeheuern oder ausgestorbenen Vögeln verglich, auf seinen Chef an. Im Gegenzug verspricht er wohlwollende Kritiken. Es ist also ein faustischer Pakt, von dem „The Critic“ erzählt – was spitzzüngig und satirisch beginnt, endet düster und tragisch. Filmisch mag das vielleicht nicht ganz ausgewogen sein, dank des exzellenten Ensembles (zu dem auch Stars wie Lesley Manville, Ben Barnes oder Romola Garai zählen) schaut man aber gerne zu.
The Critic, GB 2023, Regie: Anand Tucker, Kinostart am 13. März, Preview am Montag, 24. Februar, im Rahmen der Reihe „Mongay“, 21.15 Uhr, City-Kino, Sonnenstraße 12a