Thalkirchen:Die verreckte Welle an der Floßlände

Thalkirchen: Surfen im Grünen: An der Floßlände können sich auch nicht so geübte Wellenreiter aufs Surfbrett wagen. Am Abend fällt die Welle jedoch wieder in sich zusammen, klagen die Surfer.

Surfen im Grünen: An der Floßlände können sich auch nicht so geübte Wellenreiter aufs Surfbrett wagen. Am Abend fällt die Welle jedoch wieder in sich zusammen, klagen die Surfer.

(Foto: Stephan Rumpf)

Seit mehr als 100 Jahren paddeln Kajakfahrer auf den Kanälen in Thalkirchen, das Flusssurfen wurde hier erfunden. Doch es gibt immer wieder Ärger.

Von Thomas Anlauf

Der übliche Feierabendstau auf dem Schleichweg: Zwölf Autofahrer warten in ihren zwölf Autos, endlich von der kleinen Zentralländstraße in die Tierparkstraße einbiegen zu können. Zwei Surfer in Neoprenanzügen und mit ihren Brettern unterm Arm joggen an der Autokarawane vorbei entlang der Häuser, die versteckt im Grünen liegen. Eine Gartentür steht offen und wer dort hindurchgeht, entdeckt auf der Rückseite des Flachbaus ein kleines Paradies. Jocki Langbein sitzt dort an einem Holztisch auf der Terrasse, vor ihm liegt eine kleine Wiese mit alten Bäumen, dahinter fließt ruhig der grüne Maria-Einsiedel-Bach.

"Wir sind hier vor allem eine Ansammlung von Individualisten, die Freude an der Natur haben", sagt der 43-jährige Münchner. Langbein ist seit Februar erster Vorsitzender des ältesten Kajakvereins Bayerns, des Deutschen Touring-Kajak-Club. 1912 gründeten ein paar Paddelpioniere den DTKC, der auch als der erste Faltboot-Verein der Welt gilt. Seit damals nutzen die Kajakfahrer den Bach,die Floßlände, Werkkanal und Isar als Trainings- und Sportgelände - genauso wie Tausende andere Wassersportler: Kanuten, Schwimmer, Stand-up-Paddler und Surfer.

Allein hier im Münchner Süden gibt es ein halbes Dutzend Kanu- und Kajakvereine, seit 1972 kommen auch die Surfer hier her. Schließlich wurde damals an der Floßlände von zwei Brüdern das Flusssurfen erfunden. Doch seit diesem Frühjahr ist etwas anders als sonst: Wenn die Kajakfahrer des DTKC donnerstags bei ihren Clubabenden die Boote in den Bach lassen, um ihre Runden zu drehen, mache es nur noch halb so viel Spaß, denn dann "ist auf einmal fast kein Wasser mehr da", sagt Langbein.

Das bestätigt auch Wolfrik Fischer. Der Wellenreiter ist seit zwölf Jahren Vorsitzender der Interessengemeinschaft Surfen München (IGSM) und kennt die Floßlände wie kaum ein Zweiter. Seit dieser Saison würden die Stadtwerke München am Nachmittag das Wasser drosseln, sobald die letzten Flößer in München angekommen sind. Die Wassermenge werde dann gegen sechs Uhr halbiert, die älteste Flusssurferwelle der Welt falle in sich zusammen. Für die Surfer ist das nicht akzeptabel: "Es ist tragisch, wieder ziehen die Stadtwerke das Wasser ab", sagt Fischer.

Es ist nicht das erste Mal, dass es mit der Welle an der Floßlände Ärger gibt. Vor drei Jahren brach die Wasserwalze erstmals komplett zusammen, weil laut Fischer die Stadtwerke nicht das nötige Wasser zur Verfügung stellten. Sogar Oberbürgermeister Dieter Reiter schaltete sich ein und meinte damals: "Ich bin sehr dafür, dass die Surfer neben dem Eisbach auch die Floßlände nutzen können." Denn die Welle gilt auch für Anfänger als surfbar, der Eisbach hingegen ist nur Könnern vorbehalten, worauf die Surfer auch achten.

Es hakt bei der Wasserversorgung

Parallel zu Experten von Stadtverwaltung und Stadtwerken tüftelten daraufhin auch Wolfrik Fischer gemeinsam mit den Ingenieuren Robert Meier-Staude und Philipp Altenhöfer daran, wie die Welle wieder funktionieren könnte. Im Sommer 2015 hatten die Surfer ein System entwickelt: Ein Einbau im Bachbett, der mittlerweile auch patentiert ist, brachte die Welle wieder nach oben. Sowohl Flöße als auch Paddler können die Stelle problemlos passieren.

Doch seit Beginn der diesjährigen Floßsaison hakt es offenbar wieder mit der Welle und der Wassermenge - zumindest in den frühen Abendstunden, wenn sich Surfer und die Kajakfahrer nach der Arbeit zur Floßlände aufmachen. Vergangene Woche traf sich deshalb im Umweltreferat ein Runder Tisch. "Wir sind mit den zuständigen Stellen und den Vertretern der Münchner Surfer und Kanuten im Gespräch, für den Bereich der Floßlände eine Lösung zu finden, die möglichst vielen Interessen gerecht wird", sagte Umweltreferentin Stephanie Jacobs am Dienstag der Süddeutschen Zeitung.

4000 Surfer und Paddler nutzen den Fluss

"Deshalb wollen wir in Zusammenarbeit mit dem Baureferat eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben, wie die Wassermenge für die Wasserkraft-, Schwimmbad- und übrige Freizeitnutzung im Einklang mit naturschutzfachlichen Belangen optimiert werden kann." Stadträtin Kristina Frank, die als sportpolitische Sprecherin der CSU am Runden Tisch teilnahm, hatte den Eindruck, dass "alle sehr bemüht sind", ein gutes Ergebnis zu erzielen. Denn auch das Bad Maria Einsiedel, das immer wieder überschwemmt wird, müsse in die Thematik einbezogen werden. "Es wird versucht, einen Kompromiss zu finden", sagt Kathrin Abele, stellvertretende Sportsprecherin der SPD. Vor allem die Kajakfahrer würden unter dem abendlichen Wassermangel leiden.

Der hat nun die Wassersportler zusammengeschweißt. Derzeit sind es etwa 4000 Surfer und Paddler, die regelmäßig auch die Floßlände benutzen wollen. Seit vor drei Monaten eine Sportarena in Taufkirchen mit einer Surfwelle eröffnet hat, dürften dort jährlich 600 bis 700 Münchner das Surfen lernen, glaubt Fischer. "Mittlerweile haben wir die Idee: Lasst uns die Floßlände als städtische Sportstätte umwidmen", sagt Fischer. Dann gäbe es wohl genügend Wasser im Bachbett.

Thalkirchen: Ein bisschen Wildwassergefühl: Für Kajakfahrer ist die Floßlände ein wichtiges Trainingsrevier.

Ein bisschen Wildwassergefühl: Für Kajakfahrer ist die Floßlände ein wichtiges Trainingsrevier.

(Foto: Stephan Rumpf)
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