Terry Swartzberg:Lautsprecher in Sachen Stolpersteine

Stolpersteine für München

Terry Swartzberg von der Initiative Stolpersteine für München ist das Gesicht derer, die für die Gedenksteine sind.

(Foto: dpa)
  • Terry Swartzberg leitet seit fünf Jahren die Initiative "Stolpersteine für München".
  • Der 62-jährige gebürtige US-Amerikaner lebt seit 30 Jahren in München und engagiert sich für die liberale jüdische Gemeinde Beth Shalom.
  • Er arbeitet als PR-Berater und Journalist.

Von Jakob Wetzel

Der vergangene Mittwoch sei einer der schlimmsten Tage seines Lebens gewesen, sagt Terry Swartzberg. An diesem Tag hat Münchens Stadtrat beschlossen, dass auch in Zukunft keine Stolpersteine auf städtischem Grund verlegt werden dürfen. Für Swartzberg ist es eine schmerzhafte Niederlage. Skandalös sei die Entscheidung, sagt er. Ein schwarzer Tag, nicht nur für ihn, sondern für die Demokratie und überhaupt für das Erinnern in München.

Swartzberg ist das Gesicht all derer, die für Stolpersteine in München kämpfen. Der 62-jährige gebürtige US-Amerikaner lebt seit 30 Jahren in der Stadt, seit fünf Jahren leitet er die Initiative "Stolpersteine für München". Swartzberg ist PR-Berater und Journalist, er liebt das Plakative. Er führt die Initiative wie eine Kampagne, unermüdlich und mit Leidenschaft. Was er kann, ist, Menschen für sich einzunehmen. Seine Internet-Petition für Stolpersteine zählt mehr als 99 000 Unterstützer. Was er nicht kann, ist: sich abfinden mit Dingen, die ihm nicht passen.

Ein jüdischer Münchner aus den USA

Es gibt jüdische Münchner, die ihre Kippa absetzen, bevor sie ins Freie treten, aus Angst davor, belästigt zu werden. Swartzberg dagegen trägt seit mehr als zwei Jahren in der Öffentlichkeit stets eine Kippa. Er wollte nicht den Kompromiss, sondern die Probe aufs Exempel, und er behielt recht. Behelligt worden sei er nie, sagt er.

Jetzt steht er vor der Wahl, sich mit dem Nein Münchens zu Stolpersteinen abzufinden, sich auf Stelen oder Gedenktafeln einzulassen, also auf andere Formen der Erinnerung als auf die eine, für die er steht. Er wird es nicht tun. Er werde seine Kampagne fortführen, kündigt er an. Er sagt "Kampagne", obwohl das Wort nach Stimmungsmache klingt. Aber es trifft. Swartzberg spitzt Vorwürfe gerne zu. Und zuweilen scheut er auch vor Halbwahrheiten nicht zurück.

Swartzberg befeuert die Hysterie

Als der Münchner Stadtrat am Mittwoch sein Nein bekräftigte, da schallte es durchs Netz: München, dieses reaktionäre Nest, die frühere "Hauptstadt der Bewegung" der Nazis, wolle nicht an deren Mordopfer erinnern. Und Swartzberg befeuerte die Hysterie. Es sei ein "guter Tag für die vielen Menschen, die einen Schlussstrich unter die Verbrechen von Nazi-Deutschland ziehen wollen und sich über Streit und Zwietracht in der Holocaust-Erinnerungsgemeinschaft freuen", teilte er mit. Dass es auch ein guter Tag für die vielen Menschen war, denen das Andenken an die Opfer der Nazis nicht weniger am Herzen liegt als ihm, die aber Stolpersteine für eine kommerzialisierte und würdelose Form des Gedenkens halten, das sagte er nicht. Stattdessen sprach er davon, der Stadtrat bevorzuge die orthodoxe Israelitische Kultusgemeinde gegenüber seiner eigenen, kleineren und liberalen Gemeinde.

Am Donnerstag beantragten Angehörige von Opfern bei der Stadt, Stolpersteine zu verlegen. Wird das abgelehnt, was zu erwarten ist, können sie klagen. Swartzberg unterstützt die Idee. Er will sich nicht abfinden.

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