Nahostkonflikt:Münchner Polizei beendet Pro-Palästina-Aktion an der Technischen Universität

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Ein Student geht vor dem Haupteingang der Technischen Universität München (TUM) entlang. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Etwa 30 Personen weigern sich am Montagabend, einen Hörsaal in München zu verlassen. Die Polizei nimmt ihre Personalien auf und ermittelt wegen Hausfriedensbruchs. Der Vorfall schlägt hohe Wellen im Netz und auf der Straße.

Von Martin Bernstein

Etwa 30 pro-palästinensische Aktivistinnen und Aktivisten sind am Montag mit dem Versuch gescheitert, in der Technischen Universität München (TUM) eine Diskussion zu erzwingen. Es sollte um die Zusammenarbeit der Hochschule mit israelischen Einrichtungen gehen. Die Münchner Polizei räumte mit einem Großaufgebot den Hörsaal im Nordareal der TUM.

Die Aktion war seit Längerem bekannt gewesen. Die Gruppierung „Uni for Palestine Munich“ hatte dazu seit vergangener Woche in den sozialen Netzwerken aufgerufen. Der Tonfall war ultimativ: Es handle sich um „einen letzten Versuch, mit der Leitung der TUM in einen Dialog (…) bezüglich der hochproblematischen Kooperationen zu treten“. Die Gruppierung wirft der Hochschule eine „Mitschuld am Völkermord“ vor.

Die Universitätsleitung habe ihnen eine Falle gestellt, beschwerten sich die Organisatoren des Protests am Montagabend unmittelbar nach Eintreffen der Polizei. Obwohl die Verantwortlichen der TUM von der geplanten „Veranstaltung“ gewusst hätten, hätten sie diese nicht abgesagt. Stattdessen seien Studierende als „political hostages“ genommen worden. „Uni for Palestine“ benutzte diesen Begriff am Tag nach der Freilassung von drei israelischen Geiseln aus den Händen der Terrororganisation Hamas.

Von einer Geiselnahme konnte freilich keine Rede sein. Die Universitätsleitung machte von ihrem Hausrecht Gebrauch. „Wir haben keinen Antrag auf Genehmigung einer solchen Veranstaltung erhalten“, betont Pressesprecher Ulrich Meyer. „Die Versammlung in unseren Räumlichkeiten war deshalb illegal.“ Personen oder Gruppierungen, „die antisemitische und antiisraelische Positionen vertreten“, seien für die Hochschule keine Gesprächspartner. Generell reagiere man nicht auf anonyme Kontaktaufnahmen.

Ein für die Sicherheit zuständiger Mitarbeiter der TUM hatte zunächst die etwa 30 Protestierenden dazu aufgefordert, den Hörsaal an der Arcisstraße zu verlassen. Als diese sich weigerten zu gehen, wurde von Mitarbeitern der Hochschule die Polizei gerufen, die die Personalien der Anwesenden aufnahm, ehe sie gehen durften. Eine Versammlung sei nicht angemeldet worden, hieß es.

Diese beraumten pro-palästinensische Demonstranten dann als „Eilversammlung“ vor dem Universitätsgebäude in der Münchner Maxvorstadt an. Zur selben Zeit nämlich hatte die Gruppierung „Palästina spricht München“ zu einer Kundgebung auf dem Marienplatz aufgerufen. Umgehend zogen nach Angaben der Organisatoren mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Richtung des Hauptgebäudes der TUM. Dort wurden die Polizisten von einem Redner als „Bullen“ beschimpft. „Die Polizei ist das Problem“, rief er in ein Megafon. Die „Kriminellen“ säßen in der Leitung der TUM. Es sei aber friedlich geblieben, sagte eine Polizeisprecherin am Dienstag.

Die Aktionen innerhalb und außerhalb des Universitätsgebäudes wirkten vorbereitet und aufeinander abgestimmt. Drei Gruppierungen bespielten ab 19 Uhr gleichzeitig mehrere Kanäle in den sozialen Netzwerken, um so größtmögliche Resonanz zu erzeugen.  Das funktionierte – bis hin zu kaum verhohlen antisemitischen Kommentaren: „Jeder weisst welcher lobby der stärkste in Deutschland ist“ (sic!), schrieb etwa ein User auf Instagram. Ein anderer behauptete, dass „Hetzer und Menschen voller Hass Verantwortung in der Stadt tragen dürfen“.

Vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet

An der Aktion beteiligte sich auch die trotzkistische Hochschulgruppe „Waffen der Kritik“. Ebenso wie „Palästina spricht München“ wird sie vom bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. Beide Gruppierungen dominierten das Protestcamp im vergangenen Jahr vor der Münchner Ludwigs-Maximilian-Universität.

„Wir werden an der TUM auch weiterhin keine Proteste dulden, die das Existenzrecht Israels infrage stellen oder antisemitische Positionen vertreten“, sagt Ulrich Meyer. Das Anliegen der Hochschule sei ein friedliches Zusammenleben von Menschen aller Nationalitäten sowie ethnischen und religiösen Zugehörigkeiten. „Wer meint, sich mit illegalen Aktionen Gehör verschaffen zu wollen, setzt sich selbst ins Unrecht.“

Der Schriftzug „End Israel!“ war am Montag nach Informationen von Bayerns Antisemitismus-Beauftragtem Ludwig Spaenle an einem Gebäude an der Ecke Arcis- und Theresienstraße zu lesen. Weitere antisemitische Parolen und Gewaltaufrufe bei und im Umfeld der Kundgebung wurden von der Recherchestelle Antisemitismus (Rias) Bayern dokumentiert. Nach Polizeiangaben waren die Graffiti bereits am Montagmorgen entdeckt worden. Unbekannte hatten TUM-Gebäude unter anderem mit roten Dreiecken gekennzeichnet - mit diesem Symbol markieren Hamas-Terroristen ihre Angriffsziele.

Ende November hatten Aktivisten aus der pro-palästinensischen Szene eine Farbattacke auf ein Gebäude am TUM-Campus in Garching verübt. In der Silvesternacht griffen pro-palästinensische Randalierer im Stadtteil Pasing Polizisten mit Böllern und Flaschen an. Dazu ertönten „Allahu akbar!“-Rufe.

„Palästina spricht“ bezeichnet den Waffenstillstand in Gaza und den Tag der Freilassung von drei israelischen Geiseln auf Instagram als „Sieg für Palästina“. Während die Gruppe den Westen und die palästinensische Autonomiebehörde scharf kritisiert, wird der Terror der Hamas mit keinem Wort erwähnt.

Gut vorbereitet zeigten sich am Montagabend nicht nur die israelfeindlichen Akteure. Die Münchner Polizei war mit Streifen- und Mannschaftswagen und einem Großaufgebot rasch zur Stelle. Der Einsatz, der kurz nach 18 Uhr begann, dürfte für sie nicht ganz überraschend gekommen sein. Mehr als 50 Beamtinnen und Beamte trafen an und in der TUM ein. Sie nahmen bis gegen 21 Uhr die Personalien von 30 Personen im Alter zwischen 20 und 48 Jahren aus Stadt und Landkreis München, Niederbayern, Oberbayern, Hessen und Berlin auf.

Die Universität dankte am Dienstag den Einsatzkräften der Polizei „für deren schnelle und erfolgreiche Unterstützung sowie ihr umsichtiges und deeskalierendes Vorgehen“. Hausfriedensbruch wird auf Antrag verfolgt. Nach Polizeiangaben wurde noch am Montagabend Anzeige erstattet.

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