Griechisches Restaurant Sendling "Taverne Agora":Noch ein Ouzo?

Es ist ein Ort, an dem man Raum und Zeit vergessen kann. Und einer geht immer noch in der Taverne Agora.

Von Karl-Heinz Peffekoven

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Griechisches Restaurant Sendling "Taverne Agora": Das Agora wurde in den siebziger Jahren gegründet und ist Münchens älteste griechische Taverne mit Live-Musik. Verändert hat es sich nie.

Das Agora wurde in den siebziger Jahren gegründet und ist Münchens älteste griechische Taverne mit Live-Musik. Verändert hat es sich nie.

(Foto: Foto: C. Hess)

Dunkelheit lag über der Stadt, die meisten Restaurants hatten schon zu. Da kamen Peffekoven und seine charmante Begleitung an einem schmalen Haus vorbei, aus dem leise Musik drang. Drinnen sah man Menschen unter Lichterketten Sirtaki tanzen, Arm in Arm im Kreis herum. Sie traten ein.

In seiner Jugend pflegte Peffekoven so lange zu quengeln, bis ihn seine Eltern die Serie "Time Tunnel" schauen ließen. Darin sausten die Helden mittels einer Zeitmaschine in ferne Epochen, an den Hof von Troja, auf die Titanic, und interessanterweise vermochten sie nie, das Schicksal zu ändern, obwohl sie den Ausgang der Geschichte ja kannten. Troja ging im Krieg unter, die Titanic versank im eisigen Meer. Wer das AGORA betritt, reist ebenfalls zurück, etwa eine Generation.

Ein nostalgisches Gesamtkunstwerk

Damals, als man in jungen Jahren für wenig Geld eine Heraklesplatte, einen Berg Tzatziki und ausreichend Retsina bekam; als man Nächte "beim Griechen" hockte und hochschulpolitische Projekte entwarf, aus denen glücklicherweise nie etwas wurde; als es "den Griechen" verlässlich in allen Vorstadtvierteln gab, einen wie das AGORA. Ach, heute ist das nicht mehr so, zumal nicht in München. Im Kommen ist der Grieche neuen Typs, mit Weinberatung und feiner Küche, sorgfältigem Raumdesign und gesalzenen Preisen. Kaum mehr zu finden ist der Ort, an dem sich Raum und Zeit vergessen lassen.

So gesehen, ist das Agora zu Füßen des Sendlinger Bergs ein nostalgisches Gesamtkunstwerk: Griechennippes und Grünzeug und sogar ein Gartenzwerg im Fenster, Sitzpolster mit stark abgenutzten Webteppichen, Fässer an der Decke und ein Wirt, der selbst bei vollem Haus noch immer ein Plätzchen für neue Gäste gefunden hat. Am Wochenende spielt eine Live-Combo griechische Weisen, es wird getanzt bis in die frühen Morgenstunden, das bunt gemischte Publikum reicht vom griechischen Stammtisch bis zu großen Familienfeiern der Nachbarschaft. Die Kinder schlummern schon auf der Bank. Und die Eltern? Noch ein Ouzo? Einer geht noch.

Das Agora wurde in den siebziger Jahren gegründet und ist Münchens älteste griechische Taverne mit Live-Musik. Verändert hat es sich nie, außer dass endgültig nicht mehr gequalmt werden darf. Als Raucherclub darf es sich wegen seiner hallenartigen Ausmaße nicht mehr ausgeben. Aber der wunderbaren Atmosphäre schadet das nicht.

Es regieren die alten Zeiten

Auf der Karte regieren verlässlich die alten Zeiten. Lohnenswert sind aber meist die Gerichte, die auf der großen Tafel stehen. Etwa das Lamm vom Spieß, eine zarte Köstlichkeit, sie kann aber auch mal unterm Grill ein bisschen zu dunkel gebrannt sein. Zart, schön mürbe und mit frischen Kräutern kam das Zicklein auf den Teller, und auch die gegrillte Dorade erwies sich als gute Wahl, ihre Konsistenz genau recht, die Haut knusprig, die Sauce angenehm zitronig. Zu all diesen Gerichten gibt es gekochtes, grob geschnittenes Gemüse. Frischer Salat ist dagegen nicht die Stärke des Hauses; bei unseren Besuchen wurde offenbar er vor Verabreichung einem Ölbad unterzogen.

Mut zum Öl und gewaltige Portionen

Wer das Derbe, Verlässliche, Ehrliche will, findet bei den Standards alles, was er braucht. Das Gyros war zart und wohlschmeckend sowie pikant gewürzt, das Tzatziki frisch. Die Bifteki hatten eine würzige, vor allem schön pfefferige Kruste. Der Schafskäse mit Paprika war scharf und pikant. Gekocht wird mit Mut zum Öl und gewaltigen Portionen. Vorspeisen wie Meeresfrüchtesalat oder Kichererbsenmus sind so köstlich wie mächtig und ein rustikales Vergnügen. Andernorts würden sie glatt als Hauptspeisen durchgehen. Vom preiswerten und öltriefenden Knoblauchbrot werden Menschen mit kleinen Mägen bereits gefährlich satt, bevor überhaupt das Hauptgericht auf den Tisch kommt.

Vorsicht ist bei den Weinen geboten. Mit den üblichen Verdächtigen bei den offenen - Athos, Retsina - ist man einigermaßen und preiswert bedient. Die Flaschen dagegen sind teuer, der Wein aber nicht zwingend besser und bisweilen, obwohl als trocken angepriesen, arg süßlich. Ein Wort zum freundlich-souveränen Service: Dem kernigen Wirt und seinen Helfern sind die Strapazen der langen Nächte nicht anzusehen. Im Gegenteil: Sie sind stolz auf ihren Laden und haben selbst bei Hochbetrieb Freude daran. Das Agora ist ein Nachbarschaftsgrieche, wie man ihn sich schöner nicht wünschen könnte. Und Peffekoven hofft sehr, dass sich daran, wie bei den Reisen mit der Zeitmaschine, auch niemals etwas ändern lassen wird.

Nicht ganz den alten Zeiten verhaftet, aber günstig geblieben sind die Preise. Vorspeisen kosten zwischen 3,60 und 9,80 Euro, Hauptspeisen neun bis 12,90 Euro, selten mehr. Ein Glas offener Wein (0,2) kommt auf 3,20 Euro.

TAVERNE AGORA. Aberlestraße 1. Telefon: 76 59 76. www.taverne-agora.de (mit youtube-Auftritt!). Geöffnet Montag bis Donnerstag von 11:30 bis 1 Uhr, Freitag von 11:30 bis 4 Uhr, Samstag von 15 bis 4 Uhr, Sonntag von 17 bis 1 Uhr.

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