Tattenbach:Schnitzel, Salz und Scherze

Bier

Eine Maß Bier gehört zum Schnitzel dazu.

(Foto: dpa)

"Two hell": Der Kellner im urigen Lokal Tattenbach im Lehel ist zu Scherzen aufgelegt. Auch die Gäste sind gutgelaunt - wenn der Salzstreuer in der Nähe steht.

Lisa Sonnabend

Der Kellner ist ein Spaßvogel. Wenn er Gästen zwei Biere auf den Tisch stellt, sagt er "Two hell", was man mit "Zwei Helle" übersetzen kann, was aber auch wie "To hell", also "Zur Hölle" klingt. Dann geht er weiter, nimmt eine Frau, die gerade auf dem Weg zur Toilette ist, an die Hand und legt mit ihr ein Tänzchen aufs Parkett. Einem männlichen Gast massiert er danach noch kurz den Nacken.

Im Tattenbach, einem echt bayerischen Restaurant im Lehel, ist immer etwas los. Bereits seit rund 100 Jahren befindet sich hier ein Lokal. Zunächst hieß dieses Burgstüberl. Für damalige Verhälnisse ungewöhnlich wurde dort Wein statt Bier ausgeschenkt. Nach einem Besitzerwechsel wurde das Lokal in den zwanziger Jahren ein Treffpunkt für Künstler. Otto Falckenberg und Therese Giehse waren Stammgäste. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen bekannte Schriftsteller wie Hans Carossa oder Ernst Jünger.

Heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz, die Wirtsstube wurde seit Jahrzehnten kaum verändert. Das Lokal heißt inzwischen nicht mehr Burgstüberl, sondern ist nach der Straße, in der es liegt, benannt. Diese wiederum heißt nach Graf Hans Erasmus von Tattenbach, der 1871 als habsburgfeindlicher Verräter in Graz hingerichtet wurde.

Aber mit solchen tragischen Geschichten wollen wir uns unseren Hunger nicht vermiesen. Vielmehr erfreut man sich im Tattenbach erst einmal an dem Ambiente. Die Decke des Gastraums ist wie ein Gewölbe geformt und mit rot-grünen Schnörkeln verziert. An der Wand hängen zahlreiche alte Bilder von Königen auf Pferden oder Moriskentänzern in Aktion. Es geht urig zu im Tattenbach.

Die Tische sind groß, so dass man in der Regel mit Fremden einen teilt. Ins Tattenbach kommen viele Bewohner aus dem Lehel, einige sind so oft hier, dass der Kellner ungefragt das Getränk bringt oder fragt: "Darfs wieder das Schnitzel sein?"

Auch wir entscheiden uns für ein Schnitzel - das echte Wiener Schnitzel (14,90 Euro), nicht das Wiener Art (9,95 Euro). Zunächst bringt der Kellner den Salat, der durch ein ausgesprochen gelungenes Dressing auffällt. Das Schnitzel kommt dann mit Bratkartoffeln und einer kleinen Schale Preiselbeeren. Im Gegensatz zum Salat hat der Koch bei den Kartoffeln das Würzen leider scheinbar vergessen. Zum Glück stehen auf jedem Tisch zwei große Salz- und Pfefferstreuer, die auch von den anderen Gästen rege genutzt werden.

Auch das Schnitzel verträgt noch eine ordentliche Priese. Sonst ist an dem Kalbsfleisch allerdings nichts auszusetzen. Es ist angenehm dünn geklopft, zart und geschmackvoll. Wer will kann auch einen Seniorenportion Schnitzel bestellen, die ist rund 5 Euro billiger, aber nur kaum halb so groß.

Als zweistes Gericht bestellen wir Kalbsteakhüfte mit Ofenkartoffeln (14,80 Euro). Auch hier muss erst einmal kräftig nachgesalzen werden. Das Kalb ist leider auch nicht so zart wie das Schnitzel. Die Ofenkartoffeln dagegen sind butterweich. Und so liegt, als die Beilagen schon längst verputzt sind, noch immer ein Stück Fleisch auf dem Teller. Das ist sonst ja eher umgekehrt.

Wir schlussfolgern, auch mit der Erfahrung früherer Besuche: Die bayerischen Klassiker wie Schnitzel, Schweinsbraten oder Käsespätzle sind im Tattenbach einwandfrei - und damit den aktuellen, ausgefalleneren Tagesgerichten vorzuziehen.

Am Ende bestellen wir noch den hier fast obligatorischen Schnitt (2,20 Euro), also ein nur halb eingeschänkten Helles. Beim Herausgehen ruft uns der lustige Kellner nach: "Bleibt gesund und zahlungskräftig!"

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