Tatort München:Wenn Meister Eder und der Monaco Franze ermitteln

Den München-Tatort beherrschen seit 25 Jahren die Kommissare Batic und Leitmayr. Doch wer war vor ihnen im Einsatz? Ein Überblick.

Melchior Veigl (1972 bis 1981)

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(Foto: BR/Foto Sessner)

Als Urahn der Münchner Tatortkommissare muss er wohl bezeichnet werden, der Gustl Bayrhammer, den viele nur als Meister Eder in der Kinderserie Pumuckl kennen. Anfang der Siebziger - im Jahr zwei des Tatorts - ging er als Hauptkommissar Melchior Veigl auf Sendung und ermittelte für 15 Folgen in München. An Veigl zeigt sich, was den typischen Tatortkommissar zu jener Zeit auszeichnete: Ein etwas angegrauter Herr - passend für das ARD-Hauptprogramm in Krawatte - ermittelt mit seinem Team, dem er gedanklich natürlich immer ein bisschen voraus ist. Dazu kommt ein Lokalkolorit, das immer zur federführenden Landesrundfunkanstalt passen sollte: Als Chef der Münchner 1. Mordkommission ist Veigl vom Typ her also ein urgemütlicher Bayer, der sich ungern an Dienstvorschriften oder Anweisungen seiner Vorgesetzen hält. So schmuggelt er zum Beispiel - trotz Hundeverbots auf dem Präsidium - immer wieder seinen Dackel Oswald in der Aktentasche mit ins Büro. Bei seinen Vernehmungen wechselt Veigl häufig ins Bairische, duzt prinzipiell Obdachlose oder Ausländer und lässt sich bei seinen Ermittlungen gerne von seiner Intuition leiten. Unterstützt wird er dabei von drei Kollegen, darunter Ludwig Lenz, der von Helmut Fischer gespielt wird und einem eher noch als Monaco Franze in Erinnerung ist. Privat scheint es bei Veigl nicht ganz so gut zu laufen. Seine Frau ist angeblich seit Längerem "verreist", wie er selbst immer wieder sagt. Aber zum Glück gibt es ja noch Dackel Oswald: Mit ihm teilt Veigl gerne Feierabendbier und Schnitzel. Fast so wie bei Meister Eder uns seinem Pumuckl. Nach knapp zehn Jahren Tatort schmiss Bayrhammer schließlich hin. In einem offenen Brief beklagte er die immer flacher werdenden Drehbücher der Krimis und quittierte damit den Dienst als Kommissar.

Ludwig Lenz (1981 bis 1987)

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(Foto: Foto Sessner)

Den Ausweg aus der Tatort-Krise versuchte man beim BR mit Altbewährtem: Die Rolle des Münchner Chefermittlers sollte künftig Helmut Fischer, der ewige Assistent und Laufbursche von Hauptkommissar Veigl, übernehmen. Der war mit Mitte fünfzig immerhin etwas jünger, aber so wirklich wollte die Tatort-Revolution mit der Neubesetzung dann doch nicht gelingen. Als letzte Sicherheit ließ sich Helmut Fischer als neuer München-Chefermittler ein Mitspracherecht bei den Drehbüchern und der Auswahl der Regisseure einräumen. Wie Fischer diesen Kommissar Lenz dann spielte, erinnert einen wiederum unweigerlich an den Monaco Franze.Lenz ist Junggeselle und ebenso wie der Monaco durchaus interessiert an der Münchner Damenwelt. Nur so erfolgreich wie der ewige Stenz ist er nicht, bei den Frauen und vielleicht auch beim Publikum. Nach sieben Folgen als Chefermittler ist wieder Schluss für Helmut Fischer.

Siegfried Riedmüller (1986)

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(Foto: Foto Sessner)

Auf Fischer folgt beim Münchner Tatort die Zeit der Experimente: Zunächst sollte es Günther Maria Halmer richten. Der hatte bereits Mitte der Siebziger als Tscharlie in der Serie Münchner Geschichten große Erfolge gefeiert. Warum denn nicht auch im Tatort? Die Erlösung sollte in diesem Fall aus Regensburg kommen: Halmer machte sich in seiner Rolle als Kriminalhauptkommissar Sigi Riedmüller auf den Weg nach München, um dort seinen ersten Fall zu lösen. Privat läuft es beim neuen Ermittler nicht sonderlich gut, seine Frau hat ihn verlassen, was sich auch auf den Beruf niederschlägt und das Feuilleton der Abendzeitung damals zu folgender Aussage veranlasste: "So viel Lebensgrant, wie da in der herzwärmenden linkischen Vorstellung des neuen Hauptkommissares Riedmüller aus Regensburg ausgedünstet wurde, konnte einen Hund jammern." Beim Bayerischen Rundfunk schien es damals kein gesteigertes Bedürfnis zu geben, dem Lebensgrant von Kommissar Riedmüller eine weitere Tatort-Folge zu widmen. So war bereits nach einer Folge wieder Schluss. Günther Maria Halmer gilt damit als erste "Eintagsfliege" unter den BR-Ermittlern. Von links: Kriminalhauptkommissar Sigi Riedmüller (Günther Maria Halmer) und seine Assistenten Wislitschek (Gustl Weishappel) und Augenthaler (Michael Lerchenberg).

Karl Scherrer (1987)

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(Foto: BR/Foto Sessner)

Ein neues Gesicht musste also her und der rasche Wechsel nach nur einer Folge dem Publikum erklärt werden. Also dachte man sich folgendes Szenario aus: Karl Scherrer (gespielt von Hans Brenner) wird geradezu von seinem Chef genötigt, die Leitung der Münchner Mordkommission zu übernehmen. Der Grund: Sein Vorgänger Sigi Riedmüller möchte zum Rauschgiftdezernat wechseln. Ein geschickter Schachzug der Tatort-Autoren um den ehemaligen Kommissar Riedmüller aus der Geschichte zu schreiben. Nun steht also Scherrer an der Spitze der Mordermittler. Doch der scheint mit seinem Amt nicht gerade glücklich zu sein. Viel lieber wäre er Koch in einem Sterne-Restaurant geworden. Doch es hilft ja nicht, der Tatort ist nun mal keine Kochsendung und so führt ihn sein erster Fall (und wie sich später herausstellt, schon wieder einziger Auftritt) in die Pension Tosca, wo er wegen eines Mordanschlages mit seinen Untersuchungen beginnt. Scherrer ermittelt mit 114 Minuten ungewöhnlich lang, am Ende wird niemand umgebracht (ebenso ungewöhnlich für einen Tatort) und muss dann seinen Dienst quittieren. Der BR hatte seine zweite Tatort-Eintagsfliege produziert.

Otto Brandenburg (1988 bis 1989)

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(Foto: Foto Sessner)

Die Rettung für den BR-Tatort sollte nach den beiden Eintagsfliegen aus Berlin kommen: Von da hatte sich Kriminalhauptkommissar Otto Brandenburg (gespielt von Horst Bollmann) nach München versetzen lassen. Seine Frau war erst kürzlich verstorben, nun sollte also in einer anderen Stadt der Neuanfang gelingen. Brandenburg ermittelt dem Anschein nach gut, lernt Bairisch - scheint aber mit seinem unscheinbaren Auftreten und angeranzten Kleidern doch nicht so ganz in die Münchner Bussi-Bussi-Gesellschaft zu passen. Nach zwei Folgen ist wieder Schluss und der BR erneut auf der Suche nach einer dauerhaften Lösung für den München-Tatort. Kriminalhauptkommissar Otto Brandenburg (Horst Bollmann) mit dem Festwirt Xaver Heindl (Franz Boehm) sowie Kriminalobermeister Luginger (Alexander Duda).

Franz Leitmayr und Ivo Batic (1991 bis heute)

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(Foto: Bavaria Film GmbH/Thomas Klausma)

Nach seinen drei Kurzzeit-Ermittlern suchte der BR also etwas ganz Neues: Keine seriösen, meist älteren Kommissare mehr, sondern zwei Typen, die auch mal privat zusammen ein Bier trinken gehen. Unverbrauchte Gesichter sollten es sein. In Miroslav Nemec (Batic) und Udo Wachtveitl (Leitmayr) glaubte der BR die endlich gefunden zu haben: Der eine vom Typ Münchner Dandy, der andere Heißsporn mit Migrationshintergrund. Beide in der Stadt verwurzelt ohne dabei an den bayrischen Bierdimpfel-Typ zu erinnern. Jünger, wilder, aber weniger Macho als ein Schimaski. Um den Beginn des neuen Ermittler-Duos hat sich mittlerweile eine ganze Geschichte gesponnen: Nemec und Wachtveitl wurden demnach zeitgleich zum Vorstellungsgespräch in einen Münchner Biergarten gebeten. Beide waren der Meinung, dass sie Konkurrenten um den Job sind, beide nicht sonderlich erfreut über die Anwesenheit des anderen und dementsprechend forsch dem anderen gegenüber. Am Ende bekam jeder eine Rolle, denn der BR brach erstmals mit einer alten Tradition: Seitdem ermittelte ein Tatort-Duo in München - und viele weitere Städte sollten sich dem Beispiel anschließen. Mittlerweile sind mehr als 70 Fällen von Batic und Leitmayr im Fernsehen gelaufen. Mit 152 Todesfällen mussten sich die beiden beschäftigen und sind nach Lena Odenthal Deutschlands dienstälteste Ermittler. Ihre Einschaltquoten: auf hohem Niveau. Kein Grund also für Batic und Leitmayr auf absehbare Zeit den Dienst zu quittieren.

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