Kandidatin für den Tassilo 2018:Im Einklang

Kandidatin für den Tassilo 2018: Baut Brücken zwischen Besuchern und Musikern: Bianca Bodalia holt, unterstützt von ihrem Ehemann Paul Möckel, Weltklasse-Interpreten nach Gräfelfing. "Willkommen in meinem Wohnzimmer", sagt sie zur Begrüßung an ihrer Wirkungsstätte im Bürgersaal, gestützt auf den Steinway-Flügel.

Baut Brücken zwischen Besuchern und Musikern: Bianca Bodalia holt, unterstützt von ihrem Ehemann Paul Möckel, Weltklasse-Interpreten nach Gräfelfing. "Willkommen in meinem Wohnzimmer", sagt sie zur Begrüßung an ihrer Wirkungsstätte im Bürgersaal, gestützt auf den Steinway-Flügel.

(Foto: Catherina Hess)

Die Pianistin Bianca Bodalia organisiert für den Musikförderverein Gräfelfing Konzerte, bei denen das Publikum hochkarätige Musiker aus der Nähe erlebt - und diese mitunter auch kennenlernen kann.

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Der Veranstaltungssaal im Gräfelfinger Bürgerhaus am Bahnhofsplatz ist ganz leer und still an diesem Montagabend. Auf der Bühne steht stumm der schwarz glänzende Steinway-Flügel. Da kommt Bianca Bodalia mit ihrem Ehemann Paul Möckel durch die Tür. Überschwänglich begrüßt sie den Hausmeister, der die Tür aufgeschlossen und das Licht angeschaltet hat, mit "Willkommen in meinem Wohnzimmer!"

Das Paar setzt sich auf zwei Stühle in den leeren Saal und beginnt zu erzählen: über Musik, die Künstler, deren Begabung, die Herausforderung vor Publikum zu spielen. Schon nach den ersten Sätzen fragt sich der Zuhörer, wie es klingen mag, wenn Bianca Bodalia, selbst Pianistin, am Klavier sitzt und diese ganze Energie in die Tasten gibt. Und plötzlich ist es, als klingt der ganze Saal. Da sind zwei Menschen am Werk, denen es gelingt, mit ihrer Begeisterung und Leidenschaft einen Raum zu füllen. Das ist mit ein Grund, warum die Konzerte des Musikfördervereins Gräfelfing, die die beiden gemeinsam organisieren, besondere Ereignisse sind.

Alle paar Wochen wird das Gräfelfinger Bürgerhaus zur Weltklassebühne. Vielfach ausgezeichnete Nachwuchsmusiker, die an der Schwelle zu einer internationalen Karriere stehen, treten dort auf. "Nach Gräfelfing kommt, wer bereits ein solches musikalisches Niveau erreicht hat, dass er in allen großen Konzerthäusern der Welt auftreten könnte", sagt Bodalia, die im Verein als Vorsitzende und künstlerische Leiterin fungiert. Die Künstler sind handverlesen; es treten nur Musiker auf, die sie persönlich kennt, gehört hat und für ausgezeichnet hält. Zugegeben, das Bürgerhaus ist nicht der Herkulessaal, es hat so gar nichts Glanzvolles. Aber es hat dafür vieles andere: "Wir machen Konzerte im Kammermusikrahmen", sagt Paul Möckel.

Der Zuschauer kommt hier ganz nah ran an die Interpreten. Er hört sie atmen und kann beobachten, wie sich die Mimik beim Spielen verändert, beschreibt es Bodalia. Sie unterrichtet viele hochbegabte Kinder, reserviert für sie oftmals die erste Reihe im Publikum. Sie sollen dem Pianisten auf die Finger schauen können. Bodalia selbst moderiert die Konzerte und erzählt, in welchem Kontext die Musik einst entstanden ist, auf welche Stellen der Zuhörer achten muss. Sie will das Publikum einbinden, den Besuchern die Musik nahebringen, so dass sie eintauchen können und etwas mit nach Hause nehmen. Nach den Konzerten gehen alle, die Lust haben, noch zum benachbarten Italiener, auch die Musiker. Die Zuschauer können Fragen stellen, Musiker hautnah erleben - der Konzertbetrieb kommt zu den Menschen und findet nicht fernab auf der großen Bühne statt.

"Woher kriegen Sie die Leute?", wird Bodalia oft gefragt. "Einfach aus meinem Leben", antwortet sie dann. Als Pianistin war sie selbst jahrelang im europäischen Konzertbetrieb tätig, schon im Alter von zehn Jahren stand sie auf der Bühne. Später war sie stellvertretende Direktorin am ehemaligen Richard-Strauss-Konservatorium und bis vergangenen September Professorin für Klavier an der Münchner Musikhochschule. Sie sitzt seit Jahrzehnten in den Jurys der großen Musikwettbewerbe und kennt die Szene von innen. Sie weiß, welch harte Arbeit es für einen jungen Musiker ist, sich im internationalen Konzertbetrieb durchzusetzen. Dass es etwas völlig anderes ist, ein Stück alleine für sich zu üben und zu beherrschen, als es einem Publikum darzubieten.

Sie weiß auch, dass viele junge Musiker in wirtschaftlicher Not sind. "Ich habe viele erlebt, die nachts als Tellerwäscher gearbeitet haben." In Gräfelfing kommt viel zusammen: Die Jungmusiker erhalten eine Möglichkeit, sich dem Publikum zu präsentieren, sie finden in Bodalia eine Veranstalterin, die selbst Musikerin ist und ihre Anliegen kennt; sie erhalten eine angemessene Gage, was nicht üblich ist in der Branche, wie Paul Möckel hinzufügt. In der Summe macht das Gräfelfing als Auftrittsort attraktiv. "Wir haben mehr Anfragen von Künstlern als Auftrittsmöglichkeiten."

Der Förderverein erhält einen Zuschuss von der Gemeinde und wird von der ortsansässigen Kreissparkasse gefördert. Hinzu kommen die Eintrittsgelder und Beiträge der rund 40 Mitglieder. Doch damit die Gagen langfristig gesichert sind, könnte der Verein ein paar mehr Mitglieder und Zuschauer gebrauchen, meint Möckel: Zwischen 70 und knapp über 100 Besucher kommen pro Konzert, 230 würden in den Saal passen, "das wäre unser Traum". Das jeweils dargebotene Programm sprechen Bodalia und die Musiker gemeinsam ab. "Manchmal riskieren wir auch etwas ganz Modernes." Wie beim Konzert im März, wenn das Klavierduo del Valle auftritt. Da steht dann auch ein moderner Ligeti auf dem Programm. Dafür gibt es vorher Schubert, Fantasie f-Moll, denn das Moderne "muss zu verkraften sein", sagt Bodalia.

Die Konzertreihe ist in der siebten Saison und eigentlich durch Zufall entstanden. Vor zehn Jahren zog das Ehepaar von Laim nach Gräfelfing. Es dauerte nicht lange, bis Bianca Bodalia den Steinway-Flügel im Bürgerhaus entdeckte und den damaligen Bürgermeister und heutigen Landrat Christoph Göbel (CSU) darauf ansprach, dass es in Gräfelfing sicherlich eine Konzertreihe gebe. Dieser musste verneinen, daraufhin entgegnete sie spontan: "Na, jetzt haben sie eine." Der Musikförderverein baut mit jeder Konzertreihe Brücken zwischen Musikern und Publikum, am Ende eines Abends haben beide Seiten gewonnen. "Aber, ganz ehrlich, ich mache das auch für mich", sagt Bodalia leise.

Vorschläge für den Tassilo-Preis können per E-Mail unter tassilo@sueddeutsche.de oder stadtviertel@sueddeutsche.de oder per Post an die Stadtviertel-Redaktion geschickt werden: Hultschiner Straße 8, 81677 München. Einsendeschluss ist Mittwoch, 28. Februar.

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