Tassilo"Der Preis hat lange nachgewirkt"

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Für die kleine Münchner Kunstbedürfnisanstalt und Anja Uhlig gab es 2018 einen Tassilo-Hauptpreis. Verliehen von Senta Berger.
Für die kleine Münchner Kunstbedürfnisanstalt und Anja Uhlig gab es 2018 einen Tassilo-Hauptpreis. Verliehen von Senta Berger. (Foto: Robert Haas)

Der Tassilo, sagt Anja Uhlig, habe das Klohäuschen bei Leuten salonfähig gemacht, die bisher eher die Nase rümpften

Interview von Jutta Czeguhn, München

Manche Sieger sind eben etwas anders als andere. Das Klohäuschen etwa, einer der Tassilo-Gewinner 2018, entsandte damals zur Preisverleihungsfeier ins Technikum im Werksviertel nicht nur seine Partnerin Anja Uhlig. Weil es persönlich nun mal nicht teilnehmen konnte - der Weg herüber von der Großmarkthalle wäre etwas zu beschwerlich gewesen -, schickte es gleich ein paar Dutzend Kreative, die in den vergangenen Jahren Gäste im ehemaligen Sendlinger Pissoir waren. Die hatten total viel Spaß. Als das Klohäuschen dann 2020 auch noch den Preis der Landeshauptstadt für verdiente Galerien und Off-Spaces gewann, weigerte es sich, coronabedingt lediglich per Post eine Urkunde entgegenzunehmen. Anja Uhlig erzählt, was weiter geschah und wie es ihr und dem leicht zur Exzentrik neigenden Klohäuschen ganz generell ergangen ist seit dem Gewinn des Tassilo-Preises.

SZ: Es gibt Beweisfotos, der Kulturreferent hat dem Klohäuschen die Preisurkunde offenbar doch persönlich überreicht. Allerdings muss das etwas pumuckelig abgelaufen sein.

Anja Uhlig: Zu sehen ist Anton Biebl, wie er - regelkonform abwesend - dem Klohäuschen die Urkunde überreicht, die Jurybegründung vorliest und gratuliert. Das Klohäuschen hört zu - und ist ganz gerührt. Beide lächeln.

Von Anton Biebl sieht man lediglich die weiße Maske mit dem Stadtwappen herumschweben, der Rest von ihm ist geisterhaft unsichtbar.

Mir kann so etwas gar nicht einfallen, nur dem Klohäuschen.

Was hat der Tassilo-Preis vor drei Jahren für das Projekt Klohäuschen bewirkt?

Er war superwichtig. Der Preis hat lange nachgewirkt. Als ehemaliges Pissoir hat sich das Klohäuschen ja bei einigen Leuten etwas schwer getan. Da gab es Naserümpfen, das könne ja nichts Gescheites sein an so einem Ort. Der Preis hat ihnen den Zugang zum Klohäuschen erleichtert.

Das vergangene Jahr 2020 war nicht einfach für die Kultur-Szene?

Viele Künstler waren erst mal unglaublich schockiert, dass Ausstellungen weggebrochen sind, das hat einigen ziemlich zu schaffen gemacht, auch wirtschaftlich. Aber mal ehrlich, die meisten Bildenden Künstler haben eh mehrere Standbeine und können sich nicht ausschließlich über ihre künstlerische Arbeit finanzieren.

Und wie lief es für Sie und das Klohäuschen?

Das Klohäuschen war von Corona gar nicht so berührt. Es ist ja immer schon ein Ort gewesen, an dem die Kunst nur von außen einsehbar ist. Abgesehen von den Vernissagen oder Tagen, an denen die Künstler anwesend sind. Wir konnten also keine Eröffnungen oder Veranstaltungen machen. Aber unsere Biennale, die haben wir 2020 stattfinden lassen. Eine Verschiebung kam für das Klohäuschen nicht in Frage. Die Künstlerinnen und Künstler und auch unsere treuen Besucherinnen und Besucher sollten sich darauf verlassen können. In solchen Zeiten ist es schließlich total wichtig, dass jemand die Fahne hoch hält und signalisiert: Hey, hallo, das Leben geht weiter und die Kunst sowieso. Wir haben für das Klohäuschen einen Weg gefunden, dass wir alle Grenzen respektieren, die uns gesetzt sind und soweit es irgend geht, etwas machen.

Sie selbst hatten 2020 auch eine eigene Schau im Projektraum Streitfeld, die dann vom zweiten Lockdown betroffen war.

Ja, mein Projekt "My - urban - Wilderness Residency, Seedbank of Love & Stories", bei dem ich 144 Marmeladen-Gläser mit Tauschsteinen präsentierte, war da nur noch kurz für Gäste offen. Ich habe die verbleibende Zeit für mich und meine Kunst genutzt. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich alles verändert, und das ist gar nicht so schlecht. Klar kommt auch bei mir wie bei jedem mal die Angst vorbei. Aber da hab' ich durch meine Zusammenarbeit mit Alexeij Sagerer viel gelernt. Der stellt sich hin und sagt, nee, wir machen unsere Sache einfach weiter.

© SZ vom 03.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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