Schamgefühl ist einer der großen Unterschiede des Menschen zum Rest der Lebewesen. Das zeigt sich schon, wenn bei Adam und Eva in den postparadiesischen Zuständen die Scham erwacht. Im Theater stellt sich die Frage, wie viel Ich-Bewusstsein und demnach auch wie viel Scham ein Schauspieler haben darf, der eine Rolle spielt und Dinge tut, die der Schauspieler normalerweise nicht tun würde.
Die Choreografin Yvonne Pouget nähert sich diesem Konflikt nun in ihrem Stück "La cattedrale nel vento". Dabei greift sie auf die Stilmittel der griechischen Tragödie, eine ritualisierte Gestensprache, sowie die Verschmelzung von Butoh-Tanz, Ballett, Schauspiel, Livemusik und Gesang zurück und bringt menschliche Gefühle in den Fokus, die auf einer Bühne erst einmal unangebracht erscheinen.
Über das Zeigen von Intimität und Scham in der Öffentlichkeit der Bühne soll eine "Wunschvision für eine humanere Gesellschaft mit einem gesunden Wertesystem" erschaffen werden. Pouget zeigt nun mit dem neapolitanischen Sänger und Schauspieler Gianni Lamagna, der Sopranistin und Multiinstrumentalistin Anna-Maria Hefele, sowie den Tänzerinnen Rhiannon Morgan und Andreas Dorian Rama eine neuinszenierte Fassung des Stücks von 2014.
La cattedrale nel vento, Sa./So., 20./21. Januar, 20 Uhr, Hoch X, Entenbachstr. 37, 089/21837300