Süddeutsche Zeitung

Tanz:Der Spieler

Der israelische Choreograf Eyal Dadon inszeniert Oscar Wildes Drama "Salome" als Ballett am Gärtnerplatztheater

Von David Renke

Eyal Dadon ist Choreograf und spielt leidenschaftlich gerne Videospiele. Das passt eigentlich nicht zusammenpassen, oder? Bei seinem Debüt als Choreograf am Gärtnerplatztheater mit dem Ballett "Salome Tanz" kombiniert er beide Welten, auch, weil er meint, dass sich gerade das Drama von Oscar Wilde besonders gut dafür eignet: "Als ich das erste Mal die Version der Salome von Oscar Wilde gelesen habe, musste ich sofort an das Skript eines Videospiels denken." Es ist also konsequent, dass er das Ballett auch wie eines inszeniert.

Geboren wurde Dadon 1989 in Beer Sheva in Israel. Mit 17 Jahren beginnt er seine Ausbildung dort an der "Bat Dor Dance School" als Tänzer im klassischen und Modern-Dance-Bereich. Mehrere Jahre ist er Mitglied der "Kibbutz Contemporary Dance Company" und wechselte nach und nach immer häufiger die Rollen zwischen Tänzer und Choreograf. Seit 2016 betreibt er seine eigene Tanzkompanie "SOL Dance Company" in seiner Heimat Beer Sheva. Mittlerweile ist Dadon weltweit als Choreograf gefragt und auch in Deutschland waren seine Arbeiten bereits auf der Bühne. Im Mittelpunkt steht dabei häufig der Mensch und seine Interaktion mit anderen. Das war bei seinem Stück "Sale" so, dass er vor drei Jahren beim Tanzfestival Rhein-Main im Staatstheater Wiesbaden auf die Bühne brachte und das gilt nun auch für seine Inszenierung von "Salome Tanz" am Gärtnerplatztheater.

"Ich habe immer wieder beobachtet, wie andere Menschen zum Beispiel mit Bettlern umgehen. Die meisten beachten sie gar nicht, geschweige denn, dass sie ihnen helfen", sagt Dadon. Diese Apathie hat ihn auch in "Salome" so irritiert: "Ich war schockiert, als ich gelesen habe, wie Narraboth, der syrische Soldat, Selbstmord begeht und weder Salome noch Jochanaan sich darum scheren." Abstrakte Motive stehen für ihn in seiner Tanzsprache daher im Mittelpunkt. Was hat Narraboth gefühlt, und wie lässt sich das im Tanz ausdrücken? Auch bei den anderen Protagonisten geht es Dadon nicht um die Person als solche, sondern um die Charakterzüge, die sie repräsentieren. Da wären zum einen Salome, die Zügellose, Herodes, der Mächtige oder seine Frau Herodias, die Eifersüchtige. Improvisation spielt bei Dadon zumindest am Beginn seiner Arbeit eine wichtige Rolle. Es geht ihm darum, dass die Tänzer diese Charaktereigenschaften zuerst durch eigene Assoziationen in ihren Bewegungen ausdrücken bevor daraus eine gemeinsame Tanzsprache entwickelt wird.

Dass seine moderne Tanzsprache bei dieser Inszenierung vor allem auf romantische Musik von Frank Schreker und Schubert trifft, war auch für Dadon eine Umstellung. "Ich habe sonst meistens zu elektronischer Musik inszeniert, doch ich habe mich gerne auf die Herausforderung eingelassen", sagt Dadon. Es ist also vieles anders bei dieser Salome, doch er wünscht sich eins vom Publikum: "Es soll darüber nachdenken, was es bedeutet, Mensch zu sein."

Salome Tanz, Premiere: Freitag, 28. Februar, 19.30 Uhr, Gärtnerplatztheater

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Quelle:
SZ vom 28.02.2020
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