Tag der offenen Tür:Forschen, um zu heilen

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Seit 50 Jahren gehört das Rechts der Isar zur Technischen Universität. Zum Jubiläum präsentierte das Klinikum seine Arbeit und den Neubau seines Krebszentrum

Von Stephan Handel

Alle Uhren stehen auf zwei Minuten nach 12, was eines zeigt: dass es jetzt langsam Zeit wird. Zum ersten Mal präsentierten das Klinikum rechts der Isar und die TU am Samstag ihr neues Forschungsgebäude. Eingerichtet ist es noch nicht, aber der Bau ist fertig und war so etwas wie das Glanzstück des Tags der offenen Tür, mit dem das Krankenhaus den Umstand feierte, dass es vor 50 Jahren zur Universitätsklinik befördert wurde.

"Translatum" heißt das neue Haus. Es sollen dort Wissenschaftler unterschiedlicher Fächer - Chemiker, Biologen, Mediziner, Ingenieure - an neuen Wegen zur Krebsbekämpfung forschen. Die Labore sind angemessen nüchtern-technisch konzipiert - das Foyer allerdings beeindruckt mit einer Treppe, die einer Pinakothek würdig wäre. Im September soll das 60 Millionen Euro teure Gebäude eingeweiht und in Betrieb genommen werden.

"Wir haben geschaut, wo wir Exzellenz haben", sagt Joachim Grammer, eigentlich Mikrobiologe, aber ebenso Baubeauftragter, der den Interessenten Werden und Wollen des Hauses erläuterte. Dieser Satz gilt insgesamt für den ganzen Tag der offenen Tür: Das Rechts der Isar, in den letzten Jahren nicht immer mit ausschließlich positiven Schlagzeilen gesegnet, zeigte stolz und selbstbewusst, worin es gut ist. Und das ist, nicht verwunderlich beim Klinikum einer Technischen Universität, zumeist dort, wo Medizin und Technik aufeinandertreffen, wo Ingenieure den Ärzten dabei helfen, ihren Job besser zu machen.

Nils Kohn zum Beispiel ist so ein Ingenieur. Er steht vor einem größeren Bildschirm mit einer Kamera oben drauf: Wen sie erfasst, den zeigt der Monitor - aber nicht als einfaches Abbild, sondern als Schnittbild, man kann sozusagen sein eigenes Skelett anschauen, und wenn man sich bewegt, bewegen sich die Knochen auch. Im Moment sind das noch nicht tatsächlich die eigenen Gebeine, sondern nur Zeichnungen, so dass das Gerät derzeit hauptsächlich für die Ausbildung eingesetzt wird. Wenn seine Entwicklung aber voranschreitet, dann so Nils Kohn, könne es vielleicht irgendwann einmal bei minimalinvasiven Eingriffen verwendet werden und dem Operateur genauer zeigen, was er eigentlich tut.

Direkt neben Kohns Knochenmännern steht ein 3D-Drucker und surrt vor sich hin - auch er im Dienste der Mediziner-Ausbildung: Wo die Studenten sich früher mit nicht sehr realistischen Kunststoff-Modellen der inneren Organe begnügen mussten, stellt das Gerät aus Original-Patientendaten eine Gussform für zum Beispiel eine Leber her. Diese Form wird mit Collagen ausgegossen und ergibt dann ein Modell, das sich so weich und glitschig anfühlt, wie es sich für eine Leber gehört.

Rund 4000 Besucher wird das Klinikum am Ende gezählt haben - unter ihnen auch viele Kinder, die den Skelett-Monitor großteils nicht so lustig finden und sich ängstlich hinter ihren Eltern verstecken. Mehr Spaß macht ihnen da schon der Infostand der Dentalmedizin, denn da dürfen sie selber Zähne ziehen, wenn auch nur an einem Modell. Der Zahnarzt am Stand bestätigt nach jeder Extraktion, dass das Überleben des Patienten nicht ganz ausgeschlossen wäre.

Wer über gesunde Zähne verfügt, kann in der Mensa verkosten, was die Krankenhausküche so fabriziert, es gibt Krautwickerl, Chili und Gulaschsuppe; dazu spielt die Unterbiberger Hofmusik draußen im Biergarten, um den man die RdI-Mitarbeiter nur beneiden kann. Im Hörsaal gibt es Vorträge über Gesundheitsvorsorge und die neuesten Erkenntnisse der medizinischen Forschung; in Workshops erfahren die Besucher, wie sie auf dem Bürostuhl sitzend zu ihrer Gymnastik kommen und was ein gewisser Herr Jacobson zur progressiven Muskelentspannung gesagt hat.

Und weil ja alles nicht so todernst sein soll am Tag der offenen Tür, gibt es im Kinderbereich eine Teddybär-Klinik, in der die kleinen Besitzer selbst ihre Plüschtiere verarzten können. Wer außerdem noch eine Skelett-Puzzle zusammensetzt, ein Organ aus Plastilin knetet und seinen eigenen Körper skizziert, der kann ein Kühlkissen gewinnen. Ein solches könnte man gut gebrauchen, denn heiß brennt in Haidhausen die Sonne vom Himmel. Keine Angst jedoch vor Hitzschlag oder Sonnenstich - Ärzte sind ja genug da.

© SZ vom 29.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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