Süddeutsche Zeitung

Tag der Deutschen Einheit:15 plus 7 - wenn Bezirke zu Ländern werden

Frecher Akt von Patriotismus oder harmloser Gag? Beim Festakt zum Tag der Deutschen Einheit flimmern in München malerische Bilder aus den Bundesländern über die Leinwand - und von allen bayerischen Bezirken. Niederbayern und Niedersachsen auf einer Ebene? Nicht jeder findet das lustig. Aber Bayerns Ministerpräsident Seehofer hat eine Erklärung parat.

Christian Krügel

Bayern ist das Schönste an Deutschland - diese schlichte, aber wahre Botschaft war für Ministerpräsident Horst Seehofer und die Fest-Organisatoren aus der Staatskanzlei das Leitmotiv für das große Einheitsfest.

Hier ist der Himmel am weiß-blauesten, die Feiern sind am schönsten, die Menschen am fleißigsten und überhaupt ist alles am allerbesten. Solche Übertreibungen ist der Rest der Republik von den Bayern offenbar gewohnt, oder wie es ein Gast aus Schleswig-Holstein sagte: "Ich wäre enttäuscht, wenn's anders gewesen wäre."

Ein bisschen zu anmaßend empfanden allerdings einige, dass die Staatsregierung die sieben bayerischen Regierungsbezirke gleich in den Rang von Bundesländern erhob. Während das Staatsorchester Beethovens "Ode an die Freude" spielte, flimmerten Luftbilder aus ganz Deutschland über die Großbildleinwand in der Oper und die Fernsehschirme zu Hause.

Schöne Aufnahmen aus den Tourismusämtern, sortiert nach Bundesländern - bis die Reihe an Bayern kam. Da verließ die Regie plötzlich die Länderebene, und wo gerade noch "Nordrhein-Westfalen" oder "Hessen" eingeblendet war, schienen jetzt "Schwaben", "Unterfranken" und "Oberpfalz" auf, gekrönt natürlich von "Oberbayern" als Finale.

Durch die Zuschauerreihen in der Oper ging ein Raunen angesichts eines bayerischen Patriotismus, der Niederbayern und Niedersachsen auf eine Stufe stellt. Und auch beim Empfang des Bundespräsidenten war die weiß-blaue Anmaßung Gesprächsthema. Sehr zur Freude eines feixenden Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der offenbar diesen Gag bewusst in die Regie einbauen ließ. Es sei ja nur darum gegangen, Bayerns Schönheit und Selbstbewusstsein zu zeigen, sagte er.

Wenn aber die sieben Regierungsbezirke schon Länderstatus haben - welche Folge hätte das dann für Seehofers Wunsch nach einem gerechteren Finanzausgleich von 22 Bundesländern, darunter auch dreimal Franken mit sehr unterschiedlicher Wirtschaftskraft? "Das könnte dann echt schwierig werden", meinte Seehofer und fügte hinzu: "Aber stellen'S halt nicht immer so komplizierte Fragen."

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Quelle:
SZ vom 04.10.2012/tob
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