Szene München:Zeit für eine Gegenbewegung zur Tracht

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Manch einer feiert bei der "Nacht der Tracht" im Löwenbräukeller seinen Junggesellenabschied. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die "Nacht der Tracht" wird zum 15. Mal gefeiert. Schlimm genug, dass man als Münchner nicht mehr in Jeans auf die Wiesn gehen kann.

Kolumne von Franz Kotteder

Wie konnte das nur geschehen? Wann fing das alles so richtig an? Schlimm genug, dass man als Münchner nicht mehr gemütlich in Jeans und Lederjacke auf die Wiesn gehen kann, ohne pausenlos schwach angeredet zu werden, ob der eigene Körperbau nicht geeignet sei für eine Lederhose - inzwischen verkleiden sich Städter auch an normalen Wochentagen als Tiroler Aborigines.

Oder als das, was sie dafür halten; es gibt Dinge, die auch Tiroler keinesfalls verdient haben. Dazu gehören kitschig bestickte Lederhosen, hergestellt von ausgebeuteten chinesischen Wanderarbeitern in Lederhosenfabriken in Tschengtsen oder sonstwo. Und kniefreie Billigdirndl aus Bangladesch.

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Nun erfahren wir, dass man im Löwenbräukeller demnächst ein Jubiläum feiert: 15 Jahre "Nacht der Tracht". Am 31. März 2001 fand diese Party zum ersten Mal statt; der Löwenbräukeller- und Wiesnwirt Christian Schottenhamel hatte sich das mit dem Eventmanager Philipp Greffenius ausgedacht. Beide hatten festgestellt, dass in ihrem Freundeskreis wieder mehr Tracht getragen wurde. Sie probierten es aus, und siehe da: Das Publikum kam in Scharen.

Manche sagen, damit war die Büchse der Pandora geöffnet. Tatsächlich sind Dirndl und Lederhose seither zur Pflichtuniform für die Wiesn avanciert und mittlerweile auch bei vielen anderen Festivitäten akzeptiert. Während Events wie die legendäre "White Trash"-Party im Substanz, zu der man als Mantafahrer mit Pornoschnauzer kommen musste, oder der "Doofe Mützen"-Contest im Nage & Sauge längst das Zeitliche gesegnet haben, ist die "Nacht der Tracht" lebendiger denn je.

In diesem Jahr sind es gleich zwei Nächte, am 29. und 30. April, man zahlt dafür zwischen 29 und 64 Euro Eintritt. Da stellt sich das Wiesnfeeling schon an der Kasse ein! Wenn das so weitergeht, darf man in 15 Jahren ohne Tracht nicht mehr auf die Straße, und zwar das ganze Jahr über. Es wird Zeit für eine Gegenbewegung. Man könnte es ja mal mit "Maskenball im Overall" oder "Dolce Vita mit Pepita" versuchen.

© SZ vom 31.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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