Szene München:Weiter so, München! Spontan bist du schön!

Sommer am Isarufer in München, 2016

Der sommerlichen Abendstimmung am Isarufer kann sich kaum ein Münchner entziehen.

(Foto: Robert Haas)

Filmfest hier, Tollwood da - man könnte dem Freizeitstress verfallen. Oder man entscheidet sich für gar nichts, fährt einfach an die Isar. Und gerät in ein spontanes Guerilla-Konzert von Moop Mama.

Kolumne von Anna Hoben

Neulich an der Isar, ein Abend unter der Woche: Man setzt sich ans Ufer, ein Radler in der Hand, Abendsonne am Himmel, Feierabend im Herzen. Stille ist etwas Wunderbares, aber manchmal wäre so ein Soundtrack im Leben ja auch ganz schön. Natürlich nicht dann, wenn man ihn aufgezwungen bekommt.

Es gibt ja Leute, denen es nicht reicht, ihre Lieblingsmusik aus den Charts per Kopfhörer zu hören, sondern die ihre Mucke für so cool und sich selbst für so unwiderstehlich halten, dass sie glauben, die Umgebung wäre arm dran, wenn sie nicht mithören dürfte. Sie drehen ihre Boxen auf, im Park oder an der Isar oder im Rucksack, während sie durch die Stadt radeln. Die Umgebung lauscht mit, und mit der Lauschigkeit ist es dahin.

Mit Livemusik ist es etwas anderes. Jetzt gerade, am Feierabend am Isarufer, ist so ein Moment, fehlt nur noch die Musik, denkt man also, als plötzlich Musik einsetzt. Bläser, nach vorne treibend, Schlagzeug, ein Rapper mit Megafon. Die Musiker spielen und spielen, zwischendurch verschenken sie Bierflaschen, die in zwei Kästen in der Isar vor sich hinkühlen. Man ist mitten in ein Guerilla-Spontankonzert der Brassformation Moop Mama geraten, und das ist so wunderbar, dass man rufen möchte: weiter so, München! Öfter so! Spontan bist du schön!

Die Feierabendmenschen stehen auf und rücken näher an die Musiker heran, sie tanzen und freuen sich, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Eltern nehmen ihre kleinen Kinder auf die Schultern. Auch als die Band mit ihrem Programm durch ist, wird es noch lange nicht dunkel. Einige machen sich auf den Heimweg, andere ziehen weiter in die Nacht, wieder andere lassen sich erneut am Fluss nieder, vielleicht liegt ja auch noch ein kühles Bier im Wasser.

In Wochen, in denen man leicht dem Freizeitstress verfallen kann, weil so vieles gleichzeitig stattfindet, hier Filmfest, da Tollwood, dort Oper für alle und drüben noch das Kunstareal-Fest, da kann es auch mal ganz gut sein, sich dem Drang zur Entscheidung radikal zu entziehen, an die Isar zu fahren und sich zu sagen: Ich möchte einfach nur hier sitzen.

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