Szene München:Weiße Sneaker, schwarze Jeans

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Über das Münchner Gwand wurden ganze Bücher geschrieben. Doch Trends lassen sich schwer vorhersagen. Jetzt gilt es, auf die Füsse zu schauen

Von Franziska Gerlach

Mit München und der Mode haben sich ja schon einige Leute befasst. Ganze Bücher wurden über das Münchner Gwand geschrieben, tiefsinnige Betrachtungen über Kleidung als Ausdruck gesellschaftlichen Wandels sind erschienen. Um herauszufinden, worauf der gemeine Münchner gerade so steht, reicht aber ein Bummel auf der Kaufingerstraße. Zuletzt hatte dort, auf der Meile des Mainstreams, der Blogger-Dutt Hochkonjunktur. Eine unübersichtliche Zahl an jungen Münchnerinnen zwirbelte sich die Haare oben am Kopf zu einem Knödel. Dass sie dadurch zu weiblichen Versionen von Sumoringern mutierten? Ist inzwischen egal. In diesen Tagen ist es weitaus spannender, den Münchnern auf die Füße zu schauen. Weiße Sneaker leuchten dort. Bei etwa jedem Vierten. Eine ganze Fußgängerzone lang.

Für den Hipster, der sich seinem Wesen nach ja konsequent um Einzigartigkeit bemüht, ist das ein hübsches Desaster. Erst im vergangenen Jahr hatte er angefangen, die Kombination aus schwarzen Klamotten und weißen Turnschuhen in den Bars des Glockenbachviertels einzuführen. Jetzt ziehen Teenager und Muttis nach. Wie es so weit kommen konnte? Der Hipster könnte zum Beispiel auf Adidas sauer sein. Der Sportartikelhersteller soll die Lawine der Begeisterung losgetreten haben, mit der Neuauflage des Schuhs eines früheren amerikanischen Tennisprofis. Der Hipster könnte auch die Modepresse beschimpfen, die offenbar gemeint hat, unisono einen Trend ausrufen zu müssen.

Doch was würde es helfen? Nichts! Wem wirklich an modischer Individualität gelegen ist, dem bleibt nur die Flucht nach vorne. Und so durchforstet der Hipster Blogs, Instagram und Facebook-Profile nach dem nächsten heißen Scheiß. Sieht gar nicht übel aus, wie dieses New Yorker Model seine Jeans in Knöchelhöhe abgeschnitten hat. Ach, und die lila Strähnchen dort sind auch ganz cool. Hier geklickt, da geguckt. Man wird sich ja wohl inspirieren lassen dürfen.

© SZ vom 04.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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