Szene München:Protokoll eines Türstehers

Auch nur ein stressiger Job mit jede Menge Alltagsproblemen: Türsteher vor einem Club.

Auch nur ein stressiger Job mit jede Menge Alltagsproblemen: Türsteher vor einem Club.

(Foto: Stephan Rumpf)

Türsteher sind nicht die größten Sympathieträger. Das liegt daran, dass sie Leute abweisen. Doch nun hat der Club Harry Klein eine lustige Randnotiz veröffentlicht, die so einiges in einem anderen Licht erscheinen lässt.

Eine Kolumne von Judith Liere

Dass der Türsteher ein Imageproblem hat, liegt zu einem großen Teil daran, dass man sich nicht unbedingt zum Sympathieträger macht, wenn man Gäste in "heiße Hasen", "nicht so heiße Hasen" und "Scheiß-Typen" kategorisiert und Menschen, deren Phänotyp auf familiäre Wurzeln südlich der Alpen schließen lassen könnte, grundsätzlich abweist. Aber als vernünftig denkender Gast sollte man Lokalitäten mit solchen Einlasskriterien sowieso meiden, sie sind kein schöner Ort.

Doch auch vor schöneren Klubs und Bars hat der Türsteher kein gutes Image, und das liegt oft in dessen Schweigsamkeit begründet. Wie soll man jemanden nett finden oder Verständnis für sein Handeln aufbringen, wenn derjenige nur dasteht und schweigt? Bricht er sein Schweigen, kommen negative Äußerungen wie "Kein Bier draußen!", "Heute nur Stammgäste!" oder ein scharf gezischtes "Psssst!". Herzen fliegen einem da nicht zu. Dabei gilt für Türhüter wie für anderes Autoritätspersonal die Regel: Kurz zu erklären, warum man etwas verbietet, führt oft zu mehr Einsicht und Kooperation als ein geblaffter Befehl.

Weil Kommunikation und Transparenz die Schlüssel zur Sympathie sind, ist jeder Einblick in die Sorgen und Nöte, die auch so ein Türsteher hat, von Vorteil. Und deshalb ist es begrüßenswert, dass das Harry Klein am Montag auf seiner Facebook-Seite ein Foto von einem Auszug aus dem "Türsteherprotokoll" veröffentlicht hat. Schon die Ankreuzmöglichkeiten verraten einiges über den Arbeitsalltag: "Körperliche Auseinandersetzung zwischen Tür/abgewiesener Gast oder Gast/Gast oder Gast/Personal oder Gast/Passant oder Passant/Passant" sind da die unangenehmen, aber scheinbar üblichen Varianten.

Schon hat man ein bisschen mehr Verständnis für eventuelle Genervtheiten. Und man freut sich glatt ein bisschen mit, wenn das, was schließlich im Protokoll vermerkt wurde, so hübsch banal ist: "Gast findet seine Jacke nicht, ruft die Polizei, die findet Garderobenmarke in seinen Taschen und hilft ihm beim Anziehen."

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