Szene München:Nächstenliebe in der Nacht

Restaurant "Nomiya" in München, 2013

Im Restaurant Nomiya gehört es dazu, dass man sich den Tisch mit Fremden teilt.

(Foto: Catherina Hess)

Eigentlich nervt es ja, wenn man in der vollen Kneipe Gespräche mit Wildfremden führen und etwa über Burger fachsimpeln muss. Manchmal sollte man aber netter sein zu diesen Menschen - einige von ihnen sind doch ganz interessant.

Von Christiane Lutz

Es gibt viele Dinge, die einem die Laune verderben können. Volle U-Bahnen. Volle Kneipen. Dicke Wollpullis, mit denen man drinnen schwitzt und draußen trotzdem friert. Misanthropisch veranlagte Menschen empfinden es ja schon als Zumutung, sich überhaupt mit Freunden verabreden zu müssen, um diese weiterhin Freunde nennen zu dürfen. Richtig nervig finden viele aber, wenn sich aus Platzgründen in der vollen Kneipe Fremde mit an den Tisch setzen, die Gespräche mithören oder sogar in die Unterhaltung einsteigen.

In München gibt es ein paar Läden, in denen das Dazusetzen unumgänglich ist. Im Nomiya, dem bayerischen Japaner, gehört es zum Konzept, sich den Tisch mit anderen Gästen zu teilen. Finden dort alle okay und voll urig. Aber sobald es nicht zum Konzept gehört, finden die Leute das übergriffig. Völlig zu unrecht! Im Cosmogrill beispielsweise kann man nachts sehr interessante Menschen kennenlernen.

Fachgespräche über Burger

Einen jungen Mann, mehrere hundert Burger schwer, vielleicht 21 Jahre alt, und seinen Kumpel, Käppi-Jogginghose, die sich auf bewusste Einladung hin mit an den winzigen Bartisch zwängen. Sie fachsimpeln über die Burgerkultur Münchens, während das Fett vom Hackfleisch tropft: Hans im Glück, ("Kannste vergessen"), das Burgerhouse ("Bester Burger der Stadt") oder eben den Cosmogrill ("Bester Burger bei Nacht").

Als die Jungs dann noch behaupten, sie seien erfolgreiche Designer mit eigenem Streetwear-Label und mehr als 20 000 Followern auf Instagram, überdenkt man das kurz mit dem urigen Beisammensitzen und verabschiedet sich hastig. Beim Googeln auf dem Heimweg wird man eines Besseren belehrt. Es sind mehr als 47 000 Follower auf Instagram. Freundlich sein lohnt sich eben doch. Wer weiß, wer künftig noch alles mit am Tisch sitzt.

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