Jetzt ist es bald wieder so weit, dass all die Asiaten, Australier und Amerikaner bei dem Versuch verzweifeln, eine Mass zu stemmen. Sie sitzen dann auf der Wiesn und halten dieses urtümliche Gefäß erst mit zwei Händen, dann mit einer Hand außen am Griff und schieben schließlich nach Einweisung eines hilfsbereiten Einheimischen die Handfläche durch den Henkel. Andere wiederum greifen verstört zum Strohhalm.
Jetzt muss der Münchner zugeben, dass diese wuchtigen Behältnisse nicht unbedingt geeignet sind, einen Designpreis zu gewinnen. Auch gibt es andere Nachteile: So ist eine Mass schwierig an der Security vorbei aus dem Zelt zu schmuggeln. Und wenn es Streit gibt, ist der Masskrug beim gezielten Schlag gegen den Kopf um einiges widerstandsfähiger als etwa ein Pint-Glas, was vor allem die Iren zumeist erst mit schweren Verletzungen verwundert zur Kenntnis nehmen.
Der Münchner aber verteidigt den Masskrug trotzdem wie die Brauer das Reinheitsgebot. Wie würde das Oktoberfest auch aussehen, wenn die Bedienungen alle zwei Minuten eine Kölschstange an den Tisch bringen müssten? Und was wäre das für ein Bild, wenn die Gäste mit abgespreiztem Finger die Berliner-Weiße-Schale am Stiel hielten? Genauso wenig geht es an, dass jemand ein Dortmunder Stößchen in der Hand hält, das zerbricht ja schon beim Anschauen, spätestens beim ersten Prosit.
Der Münchner ist trotz seiner großstädtischen Weltläufigkeit noch immer artverwandt mit dem Bayern, er braucht es rustikaler. Außerdem würde er schlicht verdursten, gäbe es keine Mass auf dem Oktoberfest. Wie soll das gehen, im Pint, in der Kölschstange, der Berliner-Weiße-Schale oder einem Stößchen ein Noagerl übrig zu lassen? Was in all diese seltsamen Gefäße hinein passt, das ist ein Noagerl - umgerechnet auf die Mass.
