Szene München:Krumme Kneipentouren

Nachtleben in München

Wer nachts in Münchens Kneipen unterwegs ist, trifft meistens immer irgendjemanden, den er kennt.

(Foto: Florian Peljak)

Das Münchner Nachtleben bietet einiges. Aber keine Anonymität. Bars und Kneipen liegen so nah beieinander, dass man immer wieder Leute trifft, die man kennt. Das lässt einem nur zwei Möglichkeiten.

Von Karoline Meta Beisel

Im Vergleich zu anderen Weltstädten ist München eher klein. Das hat Vorteile. Die vier Lieblingskneipen liegen mit dem Fahrrad zum Beispiel alle maximal zwölf Minuten auseinander. Und das ist schon inklusive des Puffers für Zwischenstopps. Man hält ja auf dem Weg eh mehrfach an, um anderen Leuten Hallo zu sagen, die auch gerade zwischen diesen vier Läden unterwegs sind.

Man tauscht sich darüber aus, wer gerade wo ist und wer wo später noch hingeht. Diese Information kann man dann nutzen, um jetzt erst recht und besonders schnell zu Laden zwei hinzuradeln oder Laden eins außerplanmäßig zu meiden und gleich in Kneipe vier einzukehren.

Ironisches Ausgehen ist jetzt wieder out

Um die zwölf Minuten in kürzere Einheiten zu unterteilen, kann man zwischendurch noch einen Zwischenstopp in einer möglichst abgeranzten Boazn machen, um da mit total authentischen Stammgästen einen Enzianschnaps oder einen Hirschkuss zu trinken. Im Uni-Spiegel stand zwar erst kürzlich, dass man das nicht mehr machen soll, weil ironisches Ausgehen jetzt wieder out ist. Für München bedeutet das aber, dass man noch mindestens zwei Jahre lang an dieser Gewohnheit festhalten kann, ohne Coolness-Punkte einzubüßen. Machen auch alle, darum trifft man in der Boazn am Ende genau die Leute, deretwegen man Laden eins gemieden hatte.

Was das Münchener Nachtleben aber so gut wie gar nicht bietet, ist Anonymität. Dafür ist die Stadt dann doch zu klein. Selbst auf der Wiesn trifft man immer irgendwen, mit dem man nicht gerechnet hat. Es ist zum Beispiel nur sehr schwer möglich, in dieser Stadt die Szene mit der Hebefigur aus Dirty Dancing nachzustellen, ohne dabei gesehen zu werden. Darum muss man in München entweder sehr selbstsicher sein oder sehr berauscht, um den hemmungslosen Exzess zuzulassen. Womit auch geklärt wäre, warum auf der Wiesn sehr viele Menschen so schrecklich betrunken sind: In Wahrheit sind das alles schüchterne Weltstädter.

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