Szene München:Finger weg von den Händen!

Bar "Baby Jane" in der Reichenbachstraße in München, 2013

Nicht alle Gäste essen die Nüsse, die beim Weggehen auf den Tischen stehen.

(Foto: Catherina Hess)

Viele Menschen können ihre Hände im Scroll-Zeitalter nicht mehr still halten - und stellen beim Weggehen damit wunderliche Dinge an.

Kolumne von Philipp Crone

Hände sind in einer Bar ziemlich hinderlich. Man braucht sie kaum, denn vor allem wird dort ja geredet, statisch, im Sitzen. Die Füße braucht man natürlich auch nicht, die allerdings liegen nicht auf dem Tresen im Weg rum.

Hände machen da nur Probleme. Im Freien können sie wenigstens noch das Etikett einer Flasche abkratzen, an der Bar wird dann eher gedankenverloren und ins Gespräch vertieft der dünne Papier-Deckel unter dem Cocktailglas gefaltet, mit dem Strohhalm gerührt oder die Erdbeere abgekaut. Handlos ruhiges Sitzen gibt es ja im Scroll-Zeitalter gar nicht mehr. Was oft dazu führt, dass Hyperaktive ihre Drinks nach drei Minuten geleert haben, weil sie ihn einfach immer wieder in die Hand nehmen müssen.

Wer also nicht gerade Italiener ist und deshalb das Handwerk des malerisch schönen Gestikulierens beherrscht, sollte die Finger von seinen Händen lassen. Oder er greift immer wieder in den Wasabinuss-Topf, wie ein graureicher Poser im Heart neulich.

Der Mann saß mit seiner Begleitung am Tresen, nahm eine der grünen scharfen Kugeln und warf sie aus etwa einem Meter Distanz sehr genau in den Ausschnitt der Dame. Damit hier keine männer-diskreditierenden Missverständnisse entstehen: Sie hat ihn dazu aufgefordert. Man kann davon ausgehen, dass die beiden nicht schon seit Jahren verheiratet waren.

Ein paar Steph-Curry-genaue Würfe später machten sich die beiden auf den Weg, wohin auch immer. Und der verdutzte Barkeeper, der die Nussschale sogar einmal auffüllen musste, war heilfroh, dass Mister Grey nicht zum LeBron-Dunking angesetzt hatte.

Es hätte ihn schlimmer erwischen können. Laszives Eiswürfel-Lustlutschen etwa oder Zitronenscheiben-Wettgrinsen. Manchmal wünscht man sich einfach, die Nebengäste würden einfach ihr Handy so fest halten wie den Rest des Tages auch. Denn der Gedanke, was die beiden Vollnüsse nun mit den geworfenen Wasabis machen . . . aber das hat man nicht mehr in der Hand.

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