Irgendwann hüpfte Neneh Cherrys Schatten über die seitliche Studiowand, sie war also tatsächlich da. Seher berichteten später, dass sie ein orangefarbenes Kleid trug und weiße Sneakers. Dabei klang sie, das wiederum war auch von hinten zu hören, so wundervoll, dass man den Kollegen vom Bayerischen Rundfunk nicht einmal richtig böse sein kann.
Am Samstag hat der Zündfunk, die ehemalige BR-Jugendsendung, seinen 40. Geburtstag im Funkhaus gefeiert. Es spielten Künstler aus der Vergangenheit und welche, die für die Zukunft stehen sollen; Neneh Cherry, 50, fällt wohl in beide Kategorien. Sie hat nach mehr als 17 Jahren ein neues Album veröffentlicht, und weil die Fans sie so lange vermisst haben, drangen sie in Massen ins Studio 1, um sie zu sehen. Allein - es sah sie kaum jemand. Die Zündfunkler hatten zwar ein Zelt gegen den Regen in ihrem Hof geplant und Astra-Bier im Angebot, aber eben ein kleines Detail vergessen: eine Bühne.
Das sollte wohl Nähe zum Publikum schaffen, wirkte aber, als habe jemand seine WG-Party ohne Bier geplant. Oder ohne Eiswürfel. Wer nun je einen ungekühlten Cuba Libre geschlürft hat, weiß sehr wohl, dass das mit der Zimmertemperatur nur für Rotwein gilt.
Doch zurück zum Auftritt von Neneh Cherry, die, wie sich später am Abend herumsprach, auch optisch gewirkt haben soll. Ab und an huschte ihre Aura in den Fluchten zwischen den Köpfen im Publikum durch bis in die hinteren Reihen, es war fast, als wolle sie Verstecken spielen. Hier zeigte sich mal wieder der Unterschied zwischen einer Live-Musikerin und einem DJ, der irgendwo in der Ecke an seinen Plattentellern dreht und auf den sich schon deshalb keiner konzentriert, weil er seiner Tanzpartnerin nicht auf die Füße treten will.
Eine Neneh Cherry allerdings, die will man einfach sehen. Zumal in einer Stadt wie München, in der es im Nachtleben vor allem auch um eine Sache geht: sehen und gesehen werden. Manchmal ist so eine Bühne eben doch alles.