Szene München:Ein Katzensprung für eine Maus

In den Bars entlang der Leopoldstraße verirren sich nicht nur hübsche Frauen - sondern auch pelzige Mäuse. In beiden Fällen lässt sich nur schwer ein guter Fang machen.

Von Korbinian Eisenberger

Erst neulich, im Don Luca an der Leopoldstraße - da war wieder so ein Abend. Die Bier- und Cocktailgläser haben sich immer schneller geleert, und einer der Durstigen glaubte alsbald, eine rattenscharfe Mieze am Nebentisch ausgemacht zu haben. Ob er sie, die Mieze, später nach Hause begleiten solle? Die nächste U-Bahn-Haltestelle sei ja nur einen Katzensprung entfernt. Man kann sich an derlei Sprüchen versuchen, darf sich aber nicht wundern, wenn das Gespräch dann recht plötzlich beendet ist.

Das geschah auch prompt, und auf die erste Lehrstunde folgte die nächste: Der Versuch, eine Sektschlürferin zur gemeinsamen Heimfahrt ins Miezhaus einzuladen, endete in einer Schaumweindusche. Immerhin hatte der Mann mit der umfangreichen Weizenbier-Rechnung keinen weiten Weg, um sich das prickelnde Gemisch aus dem Gesicht zu wischen. Er widmete sich jetzt wieder seinem Spezl und seinem Glas. Die Miezen hatte er fast allesamt vergrault. Nur eine junge Dame nicht und einen kleinen Gast, mit dem zu später Stunde keiner mehr gerechnet hatte.

Wenn die Miezn verschwinden und Mäuse kommen

Zwei Uhr hatte es mittlerweile geschlagen. Nicht nur die Gläser, auch die Stühle hatten sich jetzt fast alle geleert. Der Kellner bat höflich, man möge doch langsam in Betracht ziehen, sich zu schleichen. Ein letzter Schluck aus dem Weißbierglas, plötzlich ertönte ein spitzer Schrei vom Nebentisch. Nicht der kräftige Aufstoßer des Biertrinkers, sondern ein zierliches Geschöpf hatte die Empörung verursacht: Eine Maus - mit Fell und Nagezähnen - flitzte genau so schnell zwischen den Tischen umher wie die junge Dame aus dem Lokal.

Sie hörte nicht einmal mehr die Erklärung des Kellners. Tatsächlich fänden immer wieder Mäuse aus den U-Bahn-Schächten ihren Weg in die Wirtshäuser an der Leopoldstraße. Fallen würden zwar helfen, sagte der Kellner, aber nicht gänzlich.

Es ist eben nicht immer so leicht, in den Kneipen an der Leopoldstraße einen guten Fang zu machen. Und so bleibt es dabei: Wenn die Miezen mit den Pelzmänteln im U-Bahnhof Giselastraße verschwinden, dann schlägt in der Leopoldstraße die Stunde der Pelzträger mit den Nagezähnen.

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