Szene München:Das letzte Wort hat der Türsteher

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Dieser Drink könnte der letzte sein - wenn der Türsteher es so will. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Sobald der Türsteher einem seine Wurstfinger in den letzten Drink tunkt, nützt auch der netteste Barkeeper nichts. Warum man Läden, in denen der Barmann Angst vorm Türsteher hat, besser meiden sollte.

Von Jakob Biazza

Traurig! Dass man da jetzt auch nicht mehr hingehen kann - saublöd. Warum? Weil sich beim Türsteher an einem Samstag spontan das Hirn aufhängt. Durchaus spät ist es, kurz vor Ladenschluss wohl. Aber die Drinks werden noch ohne Hinweis auf Eile ausgegeben.

Der Kollege S. ist dabei, der trinkt dort regelmäßig den letzten Pastis des Abends. Außerdem eine zierliche Frau, die Katzen mag. Glitzerndes auch. Eine Runde, soll das heißen, die jeder Form des Kneipen-Hooligantums weithin unverdächtig ist.

Irgendwann während der ersten Schlucke schiebt sich also ein kantiges Gesicht mit Fünftagebart ins Blickfeld, aus dem die Worte "Ihr geht jetzt!" herausdiffundieren. Man habe, wendet die Gruppe ein, die Getränke ja eben erst bekommen. Aber er, der Bart, müsse sich - versprochen - keine Sorgen machen. Alle seien müde, ergo auf dem Sprung. Aber austrinken, das müsse schon noch gehen.

Die Bar sei ja noch lange nicht leer. Und man habe das ja auch bezahlt. Mit Verlaub! Vielleicht ist dieser Zusatz der Fehler. Jedenfalls greift der Bartträger nun mit seinen ungewaschenen Wurstfingern in die Gläser und stellt sie hinter die Bar. Was wiederum den Barkeeper auf den Plan ruft , der die wurstverfingerten Drinks wieder auf den Tresen stellt. Die Gäste könnten natürlich in Ruhe austrinken.

"Das letzte Wort", wieder der Bart, für den das nun wohl eine Grundsatzfrage ist, "das habe ich!" Aus dem rotleuchtenden Gesicht grienen bereits ein paar Jahre wegen Körperverletzung hervor. Die Augen des Barkeepers flimmern deshalb nervös, als er eilig ein paar Flaschen Bier (also fast: Becks halt) für den Weg hervorkramt und ("sorry, ich weiß jetzt auch nicht") um Verständnis bittet.

Was sich daraus als allgemeine Erkenntnis ableiten lässt? Läden, in denen der Barkeeper Angst vorm Türsteher hat, sind zu meiden. Das kann nun wiederum ein Aufruf in beide Richtungen sein: für Türsteher mit Hirn oder Barkeeper mit Unterleib.

© SZ vom 20.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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