Süddeutsche Zeitung

Szene München:Altbewährtes Bier

Das Tannenzäpfle ist in Berlin oder Köln das angesagteste Bier. Nur München verweigert sich dem Trend und steht zu seinem Augustiner. Dass beide Biere heute so gut ankommen, liegt am Marketingkonzept ihrer Brauereien: Sie haben keines.

Eine Kolumne von Florian Fuchs

Das Tannenzäpfle ist ein eigentümliches Bier. Der Hersteller wirbt mit einer Bäuerin in traditionellem Gewand, die mit zwei Bier in den Händen neben einem Zweig voller Tannenzapfen steht. Hergestellt im Hochschwarzwald, brüstet sich die Brauerei, dass Zutaten wie Mitarbeiter ausschließlich aus der Region kämen. Von den Konsumenten kann man das nicht behaupten. Das Tannenzäpfle ist inzwischen das beliebteste Bier in Berlin und auch in anderen Großstädten wie Köln groß angesagt. Nur München verweigert sich wieder dem Trend.

Nun ist es kein Wunder, dass die Bewohner von Städten, in denen das Bier in besseren Schnapsgläsern ausgeschenkt oder mit Waldmeister gemixt wird, lieber zu einem Pils greifen, das aus der badischen Provinz stammt. In München wird das Weißbier auch gerne mal mit Cola gemixt, gröberer Unfug dagegen ist selten.

Dies allerdings dürfte nicht der einzige Grund sein, warum die Bewohner dieser Stadt dem Tannenzäpfle mehrheitlich widerstehen. Vielmehr ist es wohl so, dass auch die hier beliebteste Marke Augustiner die gleiche PR-Strategie verfolgt wie die Tannenzäpfle-Brauerei: nämlich gar keine.

Augustiner bleibt der Platzhirsch in München und avanciert übrigens gerade auch in der Hauptstadt Berlin zur immer mehr geschätzten Biermarke, weil es wie der Konkurrent Tannenzäpfle den Status des Altbewährten pflegt. Keine Werbung, kleine, braune und vor allem unverwechselbare Flaschen sowie ein traditionell gestaltetes Etikett: Im Bierregal wirkt so etwas wie das Biogemüse vom Bauernhof neben der Gen-Tomate aus Holland. Und wenn das jetzt auch all die anderen Brauereien mal kapieren würden, dann liefen endlich keine Werbespots mehr, in denen Profisportler vom FC Bayern München selig lächelnd in die Kamera prosten.

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Quelle:
SZ vom 24.01.2013/tba
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