Süddeutsche Zeitung

Szenario:Zum Spenden genötigt

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Bei der Jubiläumsgala der Baywa Stiftung sammelt Vorstandschef Klaus Josef Lutz 500 000 Euro von den Gästen ein

Von Thomas Becker

Klaus Josef Lutz hat's nicht leicht. Als sich der Abend in der Ziegelei in Ismaning dem Geldeintreiben, also seiner Bestimmung, nähert, lassen ihn die 400 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft so hängen wie später den Sänger Sasha. Der glaubte gleich im ersten Song dermaßen aus dem Sattel gehen zu müssen, dass der ganze Saal im Kanon singt respektive kreischt. Hat nicht wirklich geklappt. So plump kommt Lutz, ein Freund der launigen Ansprache, natürlich nicht daher. Der Vorstandsvorsitzende der Baywa, des größten deutschen Agrarkonzerns, weiß, dass es sich nach einem vorzüglichen Essen ("Dank an meinen Schulfreund Michi Käfer", den er vom Luitpoldgymnasium kennt) und ein paar Gläsern Wein leichter spendet.

"Ich rufe wahllos Leute auf und nenne die Summe gleich dazu", droht der Gastgeber, "wer nicht zahlt, wird rausgeschmissen." Wenig später gehen ihm die Witze fast aus - weil keine Hand hoch gehen will. Lutz läuft längst durch die Reihen, ruft "Da sitzen aber wirklich die Reichen!", ist nicht mehr weit weg vom Tatbestand der Nötigung, jammert "So schleppend heut', eine lahme Veranstaltung" - und hat am Ende doch wieder alle am Wickel: In handgestoppten neuneinhalb Minuten sind 450 482 Euro gespendet worden. Willkommen bei der Benefizgala der Baywa Stiftung!

Seit der Gründung vor 20 Jahren stehen Bildungsprojekte in den Bereichen Ernährung und erneuerbare Energien im Mittelpunkt der Stiftung. International unterstützte sie mit 63 Projekten in zehn Ländern 80 000 Kinder und Erwachsene durch Hilfe zur Selbsthilfe. So auch beim von Geschäftsführerin Maria Thon vorgestellten Projekt in Sambias Hauptstadt Lusaka. Junge Mütter, die als Teenager schwanger wurden und keine Schule besuchten, erhalten hier eine Ausbildung als Schneiderin oder Köchin - und somit eine Perspektive.

Da kann man schon mal ein paar Euro spenden - wenngleich das nicht jeder so opulent hinbekommt wie Saskia Greipl-Konstantinidis, die mit 30 000 Euro dabei ist. Da hellt sich Lutzens Miene auf, nur um sich bei der Rede des Kabarettisten Django Asül kurz wieder einzutrüben.

Der hat die launige Ansprache ebenfalls drauf und erinnert den Gastgeber gleich mal an die jüngste Titelgeschichte des Manager Magazins, in der der Baywa-Boss nicht gut weg kam. Der nimmt es sportlich und marschiert noch so lange mit dem Klingelbeutel durch die Reihen, bis die 500 000 Euro voll sind - und da die Baywa traditionell immer alle Spenden verdoppelt, steht am Ende eine glatte Million Euro für die Stiftung zu Buche. Respekt.

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Quelle:
SZ vom 15.10.2018
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