Szenario:Winnetou darf wieder Wein trinken

Der Film-Fernseh-Fonds Bayern fördert Schauspieler, Produzenten und Regisseure - und manchmal lädt er die gesamte Filmwirtschaft zum Essen ein

Von Christian Mayer

Kreshnik Xhelilaj, den man der Einfachheit halber Nik nennen darf, muss man nicht lange suchen, so ein Mann - kantiges Gesicht, hohe Gestalt, leicht angegraute Schläfen - fällt in jeder Gruppe auf. Beim Presseempfang des Film-Fernseh-Fonds Bayern (FFF) ist der Sohn albanischer Militäroffiziere umringt von Leuten, die nur eine Frage haben: Wie war das, als Winnetou? Und wie spielt man gegen einen Mythos an, den Mythos des unsterblichen Pierre Brice, der 2015 in die ewigen Jagdgründe eingegangen ist? "Ich habe ja nicht gewusst, wie wichtig diese Geschichte den Deutschen ist", sagt der neue Winnetou-Darsteller. Und dann berichtet er mit gespielter Entrüstung, wie das war beim Dreh in Kroatien: Um fit zu werden für die Rolle des Apachen-Häuptlings musste der 32-Jährige wochenlang Gewichte stemmen und Diät halten, kein Zucker, kein Orangensaft, nicht mal ein Glas Weißwein am Abend, "ein Alptraum", erzählt er. Was man eben heute so braucht, für eine RTL-Produktion, die fett Quote machen soll - das geht nur mit einem sauberen Waschbrettbauch und Armmuskeln aus Stahl.

Eigentlich ist dieser Termin beim Szene-Griechen "Pageou" an der Kardinal-Faulhaber-Straße eine einzige Leistungsschau. Hier trifft sich die bayerische Filmwirtschaft, um sich von ihrem wichtigsten Wohltäter bewirten zu lassen: Im vergangenen Jahr hat der FFF 32 Millionen Euro in die Filmförderung gesteckt, 16,7 Millionen Zuschauer haben vom FFF geförderte Filme im Kino gesehen, da darf man auch mal in einem Lokal feiern, in dem mittags sonst eher Bankvorstände, Wirtschaftsanwälte und Medienunternehmer tafeln. Dieser Lunch ist dagegen schon fast ein Familientreffen der hiesigen Produzenten und Regisseure: Max Wiedemann und Quirin Berg, Florian Gallenberger und Mika Kaurismäki, Uli Putz und Jakob Claussen haben alle ein Argument, um sich hier zu präsentieren: den jeweils nächsten Film.

Szenario: Winnetou-Darsteller Kreshnik Xhelilaj und Produzent Christian Becker.

Winnetou-Darsteller Kreshnik Xhelilaj und Produzent Christian Becker.

(Foto: Stephan Rumpf)

Für die bayerische Filmbranche war 2015 ein sehr gutes Jahr, findet Constantin-Chef Martin Moszkowicz: "Bei uns war es eines der besten in der Firmengeschichte." Mit Filmen wie "Fack ju Göthe 2", "Ostwind 2" und "Er ist wieder da" haben die Münchner ihre marktbeherrschende Position ausgebaut, nächste Woche steht das nächste große Ding an: Die für den internationalen Markt produzierte Netflix-Serie "Shadowhunters" feiert erst in den USA Premiere, am nächsten Tag dann in Deutschland. Darauf einen Weißwein.

Wie sehr diese Branche miteinander verbandelt ist, zeigt sich übrigens am zentralen Tisch im Pageou: Außer dem Constantin-Chef sitzt da noch seine Frau Doris Dörrie, deren neuer Film "Grüße aus Fukushima" im März ins Kino kommt. Dörrie hat ihre Hauptdarstellerin Rosalie Thomass und ihre Produzentin Molly von Fürstenberg mitgebracht: Sie wird am Freitag mit beim Bayerischen Filmpreis die Auszeichnung für ihr Lebenswerk erhalten und wirkt noch kein bisschen aufgekratzt, eher etwas erschrocken: "So ein Preis ist ja anstrengend, nicht ganz mein Ding", flüstert Fürstenberg den Gratulanten ins Ohr.

Szenario: Gruppenbild: Constantin-Chef Martin Moszkowicz, Doris Dörrie und Rosalie Thomass.

Gruppenbild: Constantin-Chef Martin Moszkowicz, Doris Dörrie und Rosalie Thomass.

(Foto: Stephan Rumpf)

Während des Essens bleibt noch Zeit für optimistische Reden von FFF-Chef Klaus Schäfer und Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, deren schönstes Amt ja eindeutig das der bayerischen Medienministerin ist. Als solche darf man beim Deutschen Filmball im Bayerischen Hof (am kommenden Samstag wieder) neben Tatort-Kommissaren und anderen Fernsehhäuptlingen in Galarobe glänzen. Dafür muss man aber die Mindestvoraussetzung erfüllen und einmal "Fack ju Göthe 2" gesehen haben, selbst wenn man keine 14 mehr ist. "Ich habe das jetzt endlich geschafft und Tränen gelacht", bekennt Aigner. Ach ja: Die neue "Heidi"-Verfilmung mit dem wurzelseppmäßig drapierten Bruno Ganz als Almöhi hat die Ministerin in den Weihnachtsferien auch gleich mal angeschaut. Und noch "ein Tränchen verdrückt", weil sie der Film so an ihre Jugendzeit erinnert habe.

Hoffen wir mal, dass die Staatsministerin an sich halten kann, wenn sie den neuen, sehr gut gebauten Winnetou im Fernsehen sieht.

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