Süddeutsche Zeitung

Szenario:Wer grinst, fliegt raus

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In Bully Herbigs Serie "LOL" dürfen Komiker nicht lachen. Bei der Vorstellung der zweiten Staffel im Arri-Kino wurde die Impulskontrolle aufgehoben

Von Thomas Becker, München

Als Michael "Bully" Herbig sich das Original ansah, das es zu adaptieren galt, war seine Antwort schnell klar: "Nein. So nicht. Auf gar keinen Fall." Dabei ist das Konzept von "Last One Laughing" (LOL) so grandios wie hundsgemein: Zwei Handvoll Comedians werden sechs Stunden in einen Raum gesteckt, um sich gegenseitig zum Lachen zu bringen, und wer zwei Mal grinst, fliegt raus. Klingt lustig, ist es auch, zumindest für Zuschauer. Die Spaßmacher sind nicht zu beneiden, wie auch Herbig findet: "Sie müssen einen Impuls unterdrücken, den sie sonst nie unterdrücken - und das sechs Stunden lang!"

Normalsterbliche würden Bastian Pastewkas Augenrollen oder Max Giermanns Grimassen wohl keine sechs Sekunden ohne Lachanfall überstehen. Herbig ist dagegen fein raus: Als Schiedsrichter entscheidet er per Buzzer, wer die Mundwinkel zu sehr nach oben gezogen hat, darf sich aber hemmungslos totlachen. "Ich schmeiße mich so weg, wenn die versuchen sich zusammenzureißen", erzählt er auf dem sehr blau geratenen Roten Teppich bei der Vorstellung der zweiten Staffel im Arri-Kino, "knallroter Schädel, die Tränen sind mir runtergelaufen - ich sah aus! Beim Schnitt musste da einiges von mir raus."

Was drin geblieben ist, wird von 1. Oktober an in sechs neuen Serien auf Amazon Prime zu sehen sein. "Der Wahnsinn ist zurück!" heißt es im Trailer in Anspielung auf die erste Staffel vom April, und das kommt der Sache schon ziemlich nahe. Was die Damen und Herren Komiker sich alles einfallen ließen, um die anderen zum Losprusten zu bringen, war schon sensationell. Dass am Ende Pokerface Torsten Sträter die 50 000 Euro Preisgeld für einen guten Zweck in Empfang nehmen konnte, blieb bis zuletzt offen. Klar war dagegen allen Beteiligten, wer zuerst rausfliegen würde: Barbara Schöneberger. "Das war ihr auch selbst klar", erzählt Herbig, "deshalb wollte sie auch gar nicht erst mitmachen." Aber wenn ein Bully Herbig fünf Mal anruft, wird auch Barbara Schöneberger weich. Deutschlands Comedy-King hatte das komische Potenzial des japanischen Vorbilds "Hitoshi Matsumoto Presents Documental" erkannt, auch wenn die Show "schlimm" war, wie er sagt: "Also, wenn das die besten japanischen Comedians waren ... Nach zwei Stunden ist denen nichts Besseres eingefallen als sich auszuziehen und Dildos umzuschnallen."

Mit der Neuner-Truppe, die er nun beisammen hat, wird es so weit wohl nicht kommen. Klaas-Heuer-Umlauf und Larissa Rieß haben es nicht zur Premiere ins Arri geschafft, dafür aber die schon wieder heftig grimassierende Martina Hill, der eher kontrolliert offensive Tommi Schmitt sowie der sich vor den Fotografen zurücknehmende Max Giermann, der ja auch ganz anders kann. Kurt Krömer trägt schwarzen Anzug samt rotem Einstecktuch und sagenhaften Wildleder-Slippern mit güldener Bommel, Kollegin Tahnee wie immer Dreiteiler. Die Jüngste in der Runde wusste, was auf die sie zukommt: "Dieser permanente Lachreiz! Irgendeine Übersprungshandlung passiert immer. Und vor Kollegen auftreten, ist sowieso das Härteste."

Bastian Pastewka hat es "mit einer Out-of-body-experience versucht: gar nicht anwesend sein", und Anke Engelke, die ihren buntesten Paillettenrock rausgeholt hat, hat "Raum und Zeit vergessen". Bei allem Stress und Druck, den diese Versuchsanordnung mit sich bringe, empfinde sie das Ganze als "wunderschönes Experiment, fast als ein Geschenk". Ganz im Sinne Bully Herbigs: "LOL ist kein Promi-Dschungelcamp, sondern ein Spiele-Abend für Freunde, die gern Zeit miteinander verbringen." Auch wenn es dabei nichts zu lachen gibt.

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SZ vom 25.09.2021
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