SZenario:Tattoos und Tradition

Residenz, Max - Joseph Saal, Lodenfrey 175 Jahre

Kirsten und Herbert Frey feiern im Max-Joseph-Saal der Residenz das 175-jährige Bestehen ihrer Firma Lodenfrey.

(Foto: Florian Peljak)

175 Jahre: Lodenfrey feiert im Max-Joseph-Saal der Residenz

Von Thomas Becker

Dass er mal im Max-Joseph-Saal der Residenz Jubiläum feiern würde, hätte sich Herbert Frey nicht träumen lassen, als er 1950 in die Firma einstieg. "So groß haben wir früher nicht gefeiert", erzählt der 88-Jährige und zeigt auf den Trubel vor ihm: 200 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Adel sowie Partner und Freunde des Hauses sind zur 175-Jahr-Feier von Lodenfrey gekommen. Willy Bogner und Detlev von Wangenheim tauschen sich über Lieblingstennisplätze aus, Haus-Stylist Dan Popa gewinnt mit güldenem Schuhwerk zum roten Samt-Jacket die Tageswertung "Auffälligstes Outfit" vor Regine Sixt, die selbst auf sehr silbernen Pumps steht. Branchengrößen wie Paul Falke, Jacopo Etro und Gerhard Wöhrl sind ebenso da wie Hotelchefin Innegrit Volkhardt, die sehr froh über den Nachbarn am Promenadeplatz ist: "Wir haben viele Gäste, die nur fünf Minuten Zeit haben, um eine Tracht zu kaufen - das hat bislang jedes Mal geklappt: über die Straße und hoch in den dritten Stock!" Auch die Designer Johnny Talbot und Adrian Runhof schütteln Herbert Frey die Hand. Er muss seine Gäste im Sitzen begrüßen, eine Hüft-OP zwingt ihn dazu.

Gefeiert habe man früher auch, aber meist in den Läden, erzählt Frey: "Zum 150. Geburtstag haben wir in der Fabrik ein kleines Oktoberfest aufgebaut. Gäste aus Amerika wollten das unbedingt mal sehen."

1842 beginnt Johann Georg Frey damit, einfache, glatte Wollstoffe zu fertigen. Der wasserabweisende Loden bringt ihm auf der Pariser Weltausstellung 1855 die Goldmedaille, wenig später trägt der Adel samt Kaiser Franz Joseph den Loden zur Jagd und macht ihn damit hoffähig. Doch wie das so ist mit Traditionsunternehmen: Man darf nicht im Gestern stecken bleiben. Aber wer sieht, wie brusthoch tätowierte Barkeeper aus dem "Holy Taste" ihre Cocktails unters feingewandete Volk bringen, der muss sich um die Neuausrichtung der Marke nicht sorgen. Ein Verdienst, das Ralph-Michael Nagel, ein Ur-Ur-Enkel des Gründers, dem geschäftsführenden Gesellschafter Markus Höhn zuschreibt. Der erzählt vom Sommerfest mit den 450 Angestellten, entschuldigt Bürgermeister Josef Schmid ("grippaler Infekt inklusive totalem Stimmverlust") und berichtet Joachim Herrmann, dass man bei den Ladenöffnungszeiten noch Spielraum sehe. So konkret will Bayerns Innenminister lieber nicht werden, hält dafür aber eine donnernde Laudatio, die in dem Satz gipfelt: "Bei Ihnen ist unser weißblaues Lebensgefühl greifbar!"

Charmanter kommt da schon Ermenegildo Zegna daher. Der langjährige Partner der Lodenmänner bekreuzigt sich vor seiner Rede - weil er auf deutsch sprechen will. Als Kind hatten ihn die Eltern im Sommer immer nach Dießen am Ammersee geschickt. Logisch, dass die erste deutsche Zegna-Niederlassung in München öffnete. Man habe dieselben Gene, teile dieselben Werte, meinte Zegna: "Wir ziehen Genugtuung aus der Zufriedenheit der Kunden."

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