Szenario:Mit dem Charme des Ungekünstelten

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Erleichtert trotz schwerer Trophäe: Gina Schumacher mit Laudator und Sport-Manager Michael Mronz (l.) und Moderator Kai Pflaume (r.). (Foto: Edition Sportiva)

Neuling und Routinier: Michael Schumachers Tochter Gina und Sami Khedira werden mit dem Audi-Generation-Award ausgezeichnet

Von Philipp Crone, München

Bis zum Auftritt von Sami Khedira ist es ein harmonischer Abend. Die Preisträger beim elften "Audi Generation Award" verhalten sich so vorbildlich, dass man sie im kommenden Jahr eigentlich gleich wieder auszeichnen müsste. Mit Freudentränen und Aufregung. Und Khedira? Der bekommt leichten Applaus, dem man anhört, dass die 400 Gäste beim Klatschen über die Worte des Fußball-Weltmeisters von Juventus Turin nachdenken.

Der Generation-Award hat oft den Charme des Ungekünstelten, zumindest bei den Preisträgern. Denn es werden junge Talente aus den Bereichen Film, Sport und Musik ausgezeichnet, in diesem Jahr auch in der Kategorie Charity. Man kann also die Gewinner dabei beobachten, wie sie in der lauten Glamour-Welt erste Erfahrungen machen. Lea van Acken ("Anne Frank", "Fack ju Göhte III") ist zwar erst 18, weiß aber schon, wie man sich auf einer Gala verhält. Sie dankt in jeder Antwort Gastgeber und Jury, und als sie nach der Vorspeise den sechs Kilogramm schweren Bronze-Humpen entgegennimmt, hat sie feuchte Augen, was aber nur an den eingespielten Filmsequenzen ihrer bisherigen Werke liegt. Sagt sie. Und um nicht ganz als lieblich-zart durchgewunken zu werden, mosert van Acken noch ein bisschen über ihre Englisch-Lehrerin. Dass sie das coram publico tut und sich damit vielleicht die nächste mündliche Note versaut: Erfahrungen eines Newcomers. Wincent Weiss, Musik-Preisträger, nimmt dann von Anfang an keine Rücksicht auf Verluste.

Der "Songpoet, der seine Lieder selbst schreibt", wie Produzent Alex Christensen in seiner Laudatio sagt, flucht munter vor sich hin. Aber nicht, weil er unzufrieden ist, ganz im Gegenteil, es ist eher die Aufregung beim Erzählen über sein derzeitiges Leben nach den ersten Erfolgen mit Songs wie "Unter meiner Haut". Gerade wurde der 24-Jährige von MTV zum "Best german Act" gewählt, "Wahnsinn, Fuck!" und im kommenden Jahr wird er acht Monate im Nightliner leben, einem riesigen Tourbus. Er nimmt den "arschschweren" Award mit an seinen Platz und verfolgt, wie eine ganz schüchterne Preisträgerin an der Reihe ist. Gina Schumacher, die Tochter des ehemaligen Rennfahrers Michael Schumacher, der vor vier Jahren beim Ski-Fahren schwer verunglückte. Die anderen Preisträger waren vorher bekannt, Schumacher nicht, was ihr einen größeren Medienrummel erspart. Die 20-Jährige ist bereits zweimalige Weltmeisterin im Western-Reiten und bei ihrer ersten Auszeichnung außerhalb des Sports so offensichtlich aufgeregt, dass sie allein dadurch schon alle Sympathien gewonnen hat. Immer wieder spricht sie von Freude. Und als der Moderator dezent den Bogen zu ihren Eltern schlägt, muss sie einmal schwer schlucken. "Ich danke meinen Eltern für ihre Unterstützung." Sichtlich erleichtert verlässt sie die Bühne, um Khedira Platz zu machen.

Der Fußballer spricht klar und reflektiert, so gar nicht fußballerisch. "Als Fußballer vergeht das Leben unheimlich schnell", sagt er. Immer von Spiel zu Spiel, "man schaut nie zurück". Als er das nach seiner Kreuzbandverletzung doch einmal tat im Jahr 2014, beschloss der heute 30-Jährige, eine Stiftung zu gründen, um zu helfen. Er, der sich mit seinen zwei Brüdern früher ein Zimmer teilen musste, hat hart gearbeitet und "dann auch Glück gehabt". Fußballer hätten ja eines im Überfluss: Zeit. "Wir trainieren einmal am Tag." Klar seien sie durch die permanente Beobachtung mentalem Stress ausgesetzt, das Leben sei schon auch anstrengend, aber die freie Zeit könne man doch nutzen. Kicker Nils Petersen (SC Freiburg) meinte zuletzt in einem Interview, dass er seit Jahren verblöde. Darauf anspielend rät Khedira: "Ja, der Fußball ist oberflächlich. Aber jeder hat die Möglichkeit, sich zu bilden." Er würde empfehlen, sich zu engagieren, etwa für benachteiligte Kinder. Gelungenes verbales Tackling.

Vom unbekümmerten Auftritt der Jungspunde van Acken, 18, Schumacher, 20, oder Weiss, 24, bis zum Appell des reflektierten gerade mal 30-Jährigen - man merkt: Zu welcher Generation einer gehört, hat weniger mit Alter als mehr mit Erfahrungen zu tun.

© SZ vom 15.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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