SZenario:Lang und trocken

SZenario: Haben wie immer gute Laune: Günther Sigl und Willy Michl.

Haben wie immer gute Laune: Günther Sigl und Willy Michl.

(Foto: Walter Korn)

Manche Veranstaltungen besitzen eine gewisse Tradition - das gilt zum Beispiel für die Verleihung des Schwabinger Kunstpreises

Von Thomas Becker

Der Schwabinger Kunstpreis ist eine traditionsreiche Angelegenheit. Verliehen wird er seit 1961, und zwar vom Kulturreferat an Personen oder Institutionen, die ihren Sitz in Schwabing haben oder deren Leistungen "im Sinne der Schwabinger Tradition" erbracht wurden. Auch bei der Verleihung der drei mit je 5000 Euro dotierten Preise hat sich - zumindest in den vergangenen Jahren - eine gewisse Tradition entwickelt, und zwar folgende: Sie findet immer bei sensationellem Wetter statt. Einem Wetter, bei dem man als Münchner - und wohl erst recht als Schwabinger - am Biergarten überhaupt nicht vorbei kommt.

Leider findet die Preisverleihung jedoch im Saale statt, in der Kantine des Verwaltungsgebäudes der Stadtsparkasse, in einem Ambiente, das dann doch stark an die Kantine des Verwaltungsgebäudes einer Sparkasse erinnert. Noch eine Tradition: Es gibt nie genug Stühle. Da können zwei Stunden lang werden. Zudem wenn mal wieder - noch eine Tradition - die Reden viel zu lang und nicht selten auch noch langweilig sind. Immerhin: Geschichtsinteressierte entdecken hier noch Jacketts, die seit 30 Jahren aus der Mode sind, zudem Herren mit Fliege, Cord-Sakko und Einstecktuch, Alt-OB Christian Ude ist auch immer da, und Kulturreferent Hans-Georg Küppers begrüßt mit den Worten: "Da sind Sie ja alle wieder!" So weit die Standards. Bei derart viel Konstanz mutet es fast ein wenig ausgeflippt an, dass in jedem Jahr die Preisträger wechseln.

Heuer war Klaus Backmund als Erster dran. Ein paar Bronze-Skulpturen im Foyer zeugen von seiner Kunst der vergangenen 50 Jahre. In München sind aus seiner Hand unter anderem das Relief am Fischbrunnen am Marienplatz, die Bronzeskulptur des heiligen Korbinian mit Bär vor dem Erzbischöflichen Ordinariat, Daniel in der Löwengrube, und vieles mehr. Backmund ist Jahrgang 1929, und mit ein wenig schwacher Stimme bedankte er sich kaum hörbar: "Der Preis freut mich, weil er mir zeigt, dass gesehen wird, dass ich mich bemühe." Die ein paar Jahrzehnte jüngere Autorin Eva Gesine Baur, auch bekannt unter dem Pseudonym Lea Singer (jüngstes Werk: "Die Anatomie der Wolken"), galoppierte danach aufgeregt wie ein junges Fohlen auf die Bühne und holte sich von Laudator Tilman Spengler ein paar warme Worte ab: "Sie hat noch diese Ehrfrucht und Demut vor dem Geschaffenen."

In der Sparte Musik wird die Jazzerin Jenny Evans ausgezeichnet, die begleitet von Piano und Bass ein paar gefühlige Lieder singt, sich zu "Tränen der Rührung" bekennt und durch ihren charmanten London-Slang besticht, vor allem wenn sie "Werdegäng" sagt. Willy Michl, der Preisträger von 1982, der damals "Ois is Blues" sang und mit seiner schwarzen Schäferhündin Akka um die Wette jodelte, steht in seinem Indianer-Ornat samt Federschmuck und Kriegsbemalung barfuß in der Sparkassen-Kantine und sagt nur: "Das ist so eine abgefahrene Veranstaltung." Und besteht darauf, dass bei der Berichterstattung im Zusammenhang mit der beschriebenen Kunst zwingend der Begriff unprätentiös zu verwenden sei. Gern geschehen, Willy.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: