Süddeutsche Zeitung

SZenario:Glut statt Glamour

Das Goldene Kalb am Viktualienmarkt meldet sich mit einem Sommerfest als Platzhirsch zurück - auch ein ehemaliger Fußball-Weltmeister ist kurz zu Gast

Von Franz Kotteder

Wer immer noch glaubt, München sei die Stadt der Schweinshaxen und des Schweinsbratens, der sollte sich mal um den Altstadtring herum umschauen: ein Steakhaus nach dem anderen! Zwar sind die großen Ketten wie Maredo und Asado eher auf dem Rückzug, dafür kommen neue daher. Am Oberanger hat vor einem Monat das schwäbisch-schweizerische Joint Venture Abacco's seine erste bayerische Filiale im ehemaligen Ocui eröffnet, schon etwas länger ist der Louis Grillroom im Hotel Louis am Start, im Tal findet man erstklassige Steaks im Little London, und das El Gaucho der Grazer Unternehmerfamilie Grossauer feierte unlängst am Viktualienmarkt sein fünfjähriges Bestehen. Höchste Zeit für ein neues Lebenszeichen, dachte sich da wohl Patrick Bertermann und lud zum Sommerfest in sein eigenes Steakhaus Zum goldenen Kalb. Mit Recht, schließlich hat er den Trend zum hochwertigen Stück vom Rind hier erst so richtig etabliert, und das schon vor gut acht Jahren.

So stehen also an die 200 Gäste am Donnerstagabend auf dem Gehsteig gegenüber der Schrannenhalle oder im weitgehend leer geräumten Lokal. Es sind vor allem Freunde des Hauses gekommen, die Zahl der Promis, die sich vor der Fotowand postieren dürfen, ist übersichtlich, nicht jeder erkennt sie gleich. Da ist zum Beispiel Lisa Loch, 34, von Beruf Schauspielerin und Model, die als 16-Jährige einmal von Stefan Raab in TV Total ziemlich mies behandelt worden war und der daraufhin gerichtlich 70 000 Euro Schadenersatz zugesprochen wurden. Der ebenfalls anwesende Schauspieler Antoine Monot Jr. hat zwar schon eine ganze Menge Filme und Fernsehserien gedreht, richtig bekannt wurde er aber durch seine Rolle als "Tech-Nick" in einer Reihe von Werbespots für eine Elektromarktkette. Ohne dem Goldenen Kalb und den beiden Schauspielern zu nahe treten zu wollen: Im Vorgängerlokal war da schon mehr Glitzer und Glamour. Kein Wunder, es handelte sich dabei schließlich um Kays Bistro, einen berühmten Münchner Promi-Treff. Gina Lollobrigida, Rod Stewart, Alain Delon, Mick Jagger, Gianni Versace, Leonard Bernstein und Boris Becker gingen da hin, diese Liga.

Immerhin einen ehemaligen Weltklasse-Sportler trifft man im Goldenen Kalb an diesem Abend auch: Andi Brehme. Der Fußballer wurde nicht nur durch seine unwiderlegbare Lebensweisheit "Haste Scheiße am Schuh, haste Scheiße am Schuh!" berühmt, sondern hauptsächlich durch seine Finalteilnahme bei der Weltmeisterschaft 1990. Sein damaliger Teamchef Franz Beckenbauer hat über das Spiel den schönen Satz geprägt: "Damals hat die halbe Nation hinter dem Fernseher gestanden." Und das wie ein Mann, vermutlich. Jedenfalls verwandelte Brehme den einzigen Elfmeter des Spiels zum Siegtreffer und darf sich seither Weltmeister nennen. Er ist immer noch sehr fußballbegeistert: "Meine Frau und ich, wir schauen uns heute noch viele Spiele an, Bundesliga, zweite Liga, auch die italienischen und spanischen Ligen." Essen geht er auch gerne, deshalb ist er heute hier, wenn auch nicht lange, denn wie zur Bestätigung des zuvor Gesagten taucht dann seine Ehefrau Pilar auf: "Schatzi, Fußball geht los!", und sie verabschieden sich.

Die beiden verpassen so die eine oder andere Kostprobe: Scheiben von Rindersteaks und Lachs, Mini-Burger. Für die Musik sorgen die Wiesn Buam; sie sind nahezu die einzigen, die in Tracht gekleidet sind. Selbst Axel Munz, Chef von Angermaier-Trachten, ist in Zivil gekommen und scheint die (noch) trachtenfreie Zeit fast ein bisschen zu genießen.

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Quelle:
SZ vom 24.08.2019
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