SZenario:Bayerische Verhältnisse

Bei der "Wirtschaftsnacht" umgarnen Unternehmer Söder

Von Maximilian Gerl

Von Phantomschmerzen stand nichts im offiziellen Programm, aber es schadet ja nicht, sie bisweilen zu pflegen. Als CSU-Politiker schickt Markus Söder selten Komplimente nach Berlin, doch diesmal kommt er um eine Art Lob nicht herum. Bayern habe nur zwei Hochschulen mit dem Status einer Exzellenzuni, rechnet Söder vor, in München. In Franken, Schwaben, Ostbayern: null. Dabei habe "sogar Berlin" eine Exzellenzuni, sagt Söder und schaut für einen Moment überzeugend entgeistert. "Das tut in der Seele weh."

Es ist Montagabend, die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) veranstaltet ihre jährliche "Wirtschaftsnacht" in den Eisbach Studios im Münchner Osten. Wo sonst Aufnahmen für Film und Fernsehen entstehen, dreht sich alles um Wirtschaftspolitik. Traditionell gibt es bei solchen Gelegenheiten gut zu essen, weshalb neben Politikern und Unternehmern auch Medienmenschen gern vorbeischauen.

Phantomschmerzen plagen in gewisser Weise auch die Wirtschaft. Eigentlich geht es ihr recht gut, doch die Konjunkturprognosen sind eher so mittel. Das liegt auch an Dingen, für die sie gar nichts kann, dem drohenden Brexit etwa. Das Hin und Her darum, sagt Gastgeber und VBW-Präsident Wolfram Hatz, "langweilt mich so sehr wie Sie wahrscheinlich". Da sei er froh um die bayerischen Verhältnisse.

Für die ist der Ministerpräsident zuständig und zur Diskussion eingeladen. Die Moderatorin versucht, die ganzen Initiativen und Förderpakete aufzuzählen, mit denen Söder den Freistaat beglücken will, damit aus Phantomschmerzen keine richtigen werden. Bald schnappt sie nach Atem. Söder nicht. Vielleicht beherrscht er eine besondere Atemtechnik, jedenfalls weiß er große Teile der Debatte problemlos mit sich selbst zu bestreiten. Um seine Investitionen in Digitalisierung, Klima oder Bildung zu erklären, bemüht er eine Fußballanalogie: Vor drei Jahren hätten die englischen Fußballclubs begonnen, massiv in ihre Mannschaften zu investieren. Der FC Bayern dachte, "das brauchen wir nicht". In den folgenden Saisons seien die Bayern in der Champions League bis ins Halb-, dann Viertel-, später nur Achtelfinale gekommen. "Jetzt investieren sie und haben trotzdem zu kämpfen."

Politik und Wirtschaft Hand in Hand, dieses beiderseits gepflegte Bild bleibt auch an diesem Abend erhalten. Nur in einem scheinen Unstimmigkeiten durch. Hatz sagt, er müsse den Ministerpräsidenten "ein bisschen" schelten, wenn der davon spreche, die Probleme der Autoindustrie seien zum Teil selbstgemacht. Söder lässt natürlich den Kopf hängen, kurz. Schließlich überwiegt das Lob. So findet Hatz das Konzept gut, Innovationen über Anreize zu schaffen statt über Verbote, da könne er "dem Herrn neben mir nur zustimmen". Findet Söder auch: "Da hat er recht, dass es super ist."

Spätestens beim Essen verfliegen etwaige Schmerzen ohnehin. Der Hauptgang vereint Hatz' Heimat Rottal mit Söders Heimat Nürnberg: Niederbayerische Rehkeule trifft auf fränkische Wildsaubratwurst. Zum Dessert gibt es beschwipste Sommerfrüchte.

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