Wohnungsmarkt in München:Wie sich München seit den Sechzigerjahren verändert hat

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Der Beginn von Laptop und Lederhose?

Ja, der Begriff wurde vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog erst später so formuliert. Aber München ist damals gleich dazu übergegangen. Doch es gab noch andere Formulierungen, die zeigen, dass München viele weiche Standortfaktoren hat: Arbeiten, wo andere Urlaub machen, zum Beispiel. Die traditionelle Verankerung, der oberbayerische Charme - das zog Dienstleisterbetriebe an, bot sehr gute Voraussetzungen für Wissensökonomie.

Wie veränderte sich die Stadt?

Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel hat in den Sechzigerjahren schon richtig und klug erkannt, dass die Millionendorf-Struktur nicht aufrechterhalten werden kann und dass man München auf die Großstadt vorbereiten muss. Er hat die Olympischen Spiele geholt, dafür viel Geld vom Bund bekommen und das gezielt eingesetzt, um die Stadt verkehrstechnisch für weiteres Wachstum zu ertüchtigen. Städte nutzen das inzwischen sehr bewusst, wie die Olympischen Spiele in London 2012 erneut gezeigt haben. Aber München war da sehr früh dran, die Festivalisierung der Stadtpolitik professionell zu betreiben.

Aber die Neu-Münchner siedelten sich nicht in der Stadt an?

Zumindest in den Sechziger- und Siebzigerjahren nicht. Menschen, die neu in die Stadt zogen, gingen an den Stadtrand. Reception Area nennen wir Wissenschaftler das, in München kennt man es als Speckgürtel. Wer es sich leisten konnte, wollte das Häuschen im Grünen, ohne den Lärm und Staub der Innenstadt. In München bildeten sich auch - ganz klassisch, wie in anderen Großstädten, meist entlang von Flüssen - zwei höherpreisige Achsen im Süden heraus mit zwei hochpreisigen Sektoren: Grünwald und Gauting bis zum Starnberger See.

Da stellt sich die Frage, was die glücklichen Frischluftgenießer jetzt wieder in der Stadt wollen?

Das basiert auf vielen Faktoren. Erst einmal haben die Städte selbst eingegriffen und die Wohnviertel aufgewertet durch Städtebauförderung und Sanierung. Solange es da noch dreckig, dicht bewohnt und lärmig war, wollte da auch kaum einer von außen hin. Verdrängung findet, wie gesagt, stark über eine Aufwertung der Bausubstanz und der Infrastruktur statt.

Und parallel dazu veränderte sich die Situation im Speckgürtel?

Die Idee vom Häuschen im Grünen basiert auf der klassischen Geschlechterrollenverteilung: Der Verdiener fährt zur Arbeit, die grüne Witwe bleibt. Heute müssen die Bedürfnisse aber von zwei Arbeitsplätzen in einer Familie bedient werden. Das mit Kindern zu jonglieren, ist schwer. Dieses Problem löst sich oft durch Wohnen in der Innenstadt, als Doppelverdiener können sie sich das noch leisten. Die Frauen in den gentrifizierten Gebieten sind überdurchschnittlich häufig berufstätig, fast immer Akademikerinnen. Das hat auch eine sozialräumliche Studie für München gezeigt.

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