SZ-Serie: Gut ausgedacht, Folge 4:Brausen mit Albert

Weil es Michael Veith leid hatte, ständig sein kleines Badezimmer zu wischen, erfand er eine besondere Duschvorhang-Halterung: Sie ist schnell und ohne Bohren zu montieren - und das Spritzwasser ist Geschichte

Von Jürgen Wolfram

Echte Not ist es nicht gewesen, die Michael Veith erfinderisch gemacht hat. Davor schützte ihn, als er plötzlich arbeitslos wurde, eine großzügige Abfindung. Aber der Kommunikationselektroniker und quer eingestiegene Programmierer aus Oberföhring hatte auf einmal viel Zeit zum Nachdenken. Zum Beispiel darüber, ob Selbständigkeit vor Beschäftigungskrisen schützen könnte. Oder darüber, warum es so lästig ist, sein kleines Badezimmer mit der Wanne-Dusche-Kombination halbwegs trocken und sauber zu halten. "Splish splash, I was having a bath" mag ein lustiger Song von Bobby Darin sein - wirklich amüsant ist die raumgreifende Wischerei eher nicht. Deshalb ersann Veith die Duschvorhang-Halterung "Albert pro". Zur Vorgeschichte dieser längst patentierten, marktgängigen Erfindung gehört, dass es unablässiger Ermutigungen durch Freunde und der Hilfestellung seines medienerfahrenen Bruders bedurfte, ehe Veith sich ins Abenteuer Selbständigkeit stürzte. "Es gehört Mumm dazu, eine Idee bis ins Letzte umzusetzen", sagt der 50-Jährige noch zehn Jahre nach der Platzierung von "Albert pro" im Sanitärbereich. Und er weiß, wovon er spricht. Schon allein die Prozedur der Patentanmeldung würde einen Roman füllen, sagt Veith.

Ein eigenes Kapitel darin dürfte er der Findung seines Firmenlogos widmen. Und damit der Unterscheidung zwischen einer sogenannten Wortmarke und einer "Wortbildmarke". Die erste Kreation wurde als unzulänglich abgelehnt, nur die zweite genehmigt. "Aber wer, bitte, weiß als Laie schon um solche Feinheiten?" Der Erfinder aus der Lohengrinstraße in Oberföhring jedenfalls hat nicht zu knapp Lehrgeld gezahlt, ehe seine Badezimmer-Idee Gewinn abwarf. Dafür ist das Signet seiner Ein-Mann-Firma heute gut etabliert. Es zeigt Wasser, das auf den Schriftzug "Clevershower" spritzt. Ursprünglich in Erwägung gezogen habe man "Easyshower", erinnert sich Veith. Doch dieser Name war kurioserweise schon vergeben.

Heute lebt Veith von dem "unverwüstlichen" Bausatz aus Edelstahl und glasfaserverstärktem Kunststoff, "ohne reich zu werden". Eine stabile Halterung gehört dazu, die an die Brausestange geklemmt oder auf ein Glas geklebt wird, ebenso eine Rundumvorhang-Stange sowie ein Brausekopfhalter. Der Clou dabei: Das Set, das es in zwei verschiedenen Größen gibt, lässt sich in wenigen Minuten aufbauen. Und es muss überhaupt nicht gebohrt werden. Zwei bis drei Stück zum Preis von je 149 Euro verkauft er davon - täglich. Nicht jeder kann sich ein viel teureres Glasgehäuse ins Bad bauen, am wenigsten offenbar die Berliner. Die Bundeshauptstadt ist jedenfalls der wichtigste Markt für "Clevershower".

SZ-Serie: Gut ausgedacht, Folge 4: Das Patent des 50-Jährigen ist so gefragt, dass er davon leben kann.

Das Patent des 50-Jährigen ist so gefragt, dass er davon leben kann.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Weil der spätberufene Erfinder ohnehin auf die eigenen Kräfte baut, hat er die Spritzform des tragenden Teils selbst gebastelt. Die Vervielfältigung in einem bayerischen Betrieb schlug gleich mal mit 20 000 Euro Einstiegskosten zu Buche. Veith gestaltete dann auch die Montageanleitung selbst, ebenso den superflachen Versandkarton. Als Lager dient ihm bis heute der Wohnungskeller seiner Mutter. Dem cleveren Münchner ist bewusst, dass er kein Edison oder Daimler ist. Aber, sagt er: "Auch kleine Dinge haben ihren Nutzen und werden manchmal groß." Ob er mit Giganten wie Ikea kooperieren sollte, darüber hat Veith immerhin schon mal nachgedacht.

Eine Grunderkenntnis im Leben des geschmeidigen, superschlanken Fünfzigers lautet: "Als Erfinder muss man sich Zeit nehmen." Zum Beispiel, um den Münchner Erfinderstammtisch zu besuchen, der regelmäßig im Wirtshaus am Hart stattfindet. Dort würden wertvolle Tipps gehandelt, hat er festgestellt, auch Zugänge zu interessanten Firmen angebahnt. Allen, die einen lichten Einfall zu haben glauben, rät er daher zur mutigen Teilnahme an dieser Runde. "Eine wirklich hilfreiche Plattform."

In Sachen Werbung setzt der Mann, der einräumt, von Sanitäreinrichtungen bis vor zehn Jahren "null Ahnung" gehabt zu haben, ganz auf eine professionell gestaltete Website. Über die verkauft Michael Veith auch Produkte von Konkurrenzfirmen, damit unterm Strich genug bleibt zum Leben. Ausgenommen davon ist eine Company aus England, die eng verwandte Dinge herstellt. "Aber die bohren in die Decke, was die Leute hierzulande ohnehin nicht wollen."

SZ-Serie: Gut ausgedacht, Folge 4: Michael Veiths Erfindung ist ein kleines Kästchen, das es in sich hat.

Michael Veiths Erfindung ist ein kleines Kästchen, das es in sich hat.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Das geschäftliche Do-it-yourself, das will er gar nicht verschweigen, hat durchaus seine Tücken. Die Retouren, etwa bei Duschvorhängen, seien schwindelerregend. Mit qualitätsbewussten Kunden, die erst einmal prüfen wollen, bevor sie kaufen, hat er auch so seine Erfahrungen gemacht. "Eine Zeit lang haben die zu jeder Tages- und Nachtzeit bei mir angerufen oder standen sogar auf der Matte", erinnert sich Veith. Inzwischen verweist er Interessenten nachdrücklich auf seinen Internet-Auftritt. Den stetig attraktiver zu gestalten, sei zwar eine Herausforderung, lohne aber den Aufwand.

Michael Veiths anfängliche Selbstzweifel haben sich spätestens verflüchtigt, als er und sein Produkt in der Fernsehsendung "Einfach genial" vorgestellt wurden. Heute überwiegt die Zuversicht. Und das Vertrauen in seine Erfindung - eine Duschvorhang-Halterung, die so klein wie clever daher kommt.

Die Serie wird in loser Folge fortgesetzt.

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