Stand-up-Paddling:"Bist du der Münchner, der nach Wien suppt?"

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Rösler ist mit dem Brett groß geworden. Aufgewachsen in Dillingen an der Donau, die Eltern begeisterte Surfer. Wenn der Wind bläst, zieht es ihn hinaus an den Starnberger See, an den Ammersee, sommers wie winters. "Fürs Surfen sag ich schon mal einen Termin ab", sagt er. Das "Suppen", wie Stand-up-Paddler ihren Sport nennen, hat er vor ein paar Jahren entdeckt, als er bei Windstille mit seinem Surfbrett am Ufer des Starnberger Sees saß. Es sei die ideale Ergänzung, sagt er, "man kommt dabei wunderbar ins Meditieren".

Seit er sich mit einer Verkaufsberatung selbständig gemacht hat, genießt er diese Freiheit: Nicht mehr an feste Bürozeiten gebunden sein, Leben und Arbeiten in eins gleiten zu lassen. Deshalb fährt er auch mal mit einem seiner Mitarbeiter früh morgens zum See, am Nachmittag sitzen sie dann mit frischer Energie aufgetankt im Büro. "Das schweißt zusammen", sagt er. Der Unternehmersohn hatte eine Banklehre gemacht, Betriebswirtschaft studiert, in der Finanzbranche gearbeitet, bis er nach der Finanzkrise begann, an seinem beruflichen Umfeld zu zweifeln. Und er wollte nicht mehr täglich mit Krawatte im Büro sitzen. Seit er selbständig ist, trägt er von Mai bis Oktober Lederhose, jeden Tag, sagt er, "oft auch beim Kunden". Das gute Stück ist auch jetzt dabei - für Landgänge.

Stand-up-Paddling: Pascal Rösler vor dem Start in München. Auf der Max-Joseph-Brücke bläst er sein Brett auf. Zehn Tage lang paddeln, bei jedem Wetter, schafft er das?

Pascal Rösler vor dem Start in München. Auf der Max-Joseph-Brücke bläst er sein Brett auf. Zehn Tage lang paddeln, bei jedem Wetter, schafft er das?

(Foto: Christian Brecheis)

Tag neun: Gestärkt "mit dem besten Kaiserschmarrn" vom Vorabend legt der Sportler früh morgens in Wallsee hinter Linz sein Brett in die Donau und steigt auf. In der Nacht gab es ein Gewitter, der Regen ließ den Fluss anschwellen, die Schleusen am Wallsee-Wehr sind geöffnet. Es geht flott voran, aber es schwimmt viel Treibholz auf der Donau. Der Schiffsverkehr sorgt für tückische Wellen von der Seite. Rösler reitet sie ab. "Den Fluss darf man nicht unterschätzen", sagt er, "aber das ist ja das Schöne am Suppen: Du biegst um die Ecke und weißt nicht, was dich erwartet."

Die Langsamkeit schärft die Wahrnehmung für die Welle, den Wind, die Wolken. "Auf dem Wasser komme ich zur Ruhe", sagt Rösler. Jeden Abend reflektiert er den Tag und schickt einen Kurzbericht mit Fotos für seine Spendenseite im Internet. "Ich will Abstand gewinnen, mich ganz auf die Natur konzentrieren". Es ist sein persönlicher Jakobsweg, sagt er.

Geradeaus ist anstrengend

Tag elf: 47,2 Kilometer geradeaus paddeln. Langweilig, langsam. "Da suchst du dir halt immer wieder ein Ziel am Ufer, einen markanten Baum, eine Brücke, einen Kirchturm, den du ansteuerst, und dann das nächste."

Tag zwölf: von Langenlebarn die letzten gut 30 Kilometer nach Wien. Ein Erfrischungsbad im klaren Wasser. Österreichische Medien haben berichtet, immer wieder rufen Passanten vom Ufer: "Bist du der Münchner, der nach Wien suppt?" Dann biegt er in die neue Donau ein, keine Strömung, leichter Gegenwind, "die letzten zehn Kilometer sind noch einmal anstrengend".

Ein letzter Paddelschlag, ans Ufer driften, anlegen unterhalb der Kaisermühlenbrücke in der Wiener Donaustadt. Da steht ein Schild am Ufer: 1920 Kilometer bis zum Schwarzen Meer. "Da kam mir schon kurz in den Sinn: Soll ich einfach weiterpaddeln?", erzählt er. Rösler lässt dann doch die Luft aus seinem SUP, nimmt ein Taxi, gönnt sich eine Nacht im Hotel, bevor er in den Zug nach München steigt. Am nächsten Mittag sitzt er wieder im Meeting - in Lederhose.

Zwölf Tage hat Rösler gebraucht, 42 Kilometer ist er im Schnitt pro Tag gepaddelt. Das Spendenziel ist noch nicht ganz erreicht, "aber da kann ja noch was kommen", sagt er (die Internetseite www.sup-muenchen-wien.de) bleibt vorerst aktiv, "ich habe fest vor, jedes Jahr ein solches Projekt zu machen".

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