SZ-Serie (3): Große Tiere - Münchner Namenspatrone:Ganz schön gschnabelt

Eugène de Beauharnais sammelte, als er nicht mehr Krieg führte, viele Vögel. Einer wurde schließlich nach ihm benannt

Von Hans Holzhaider

Was tut man nicht alles, wenn man König werden will. Der bayerische Kurfürst Max IV. Joseph zum Beispiel verschacherte seine älteste Tochter Auguste auf den dringenden Wunsch Napoleon Bonapartes an dessen Stiefsohn Eugène de Beauharnais. Der Franzosenkaiser hatte die schöne Auguste in München gesehen und war so entzückt von ihr, dass er eine Tasse aus Nymphenburger Porzellan mit ihrem Bildnis an seinen Stiefsohn schickte mit dem Befehl, diese zu heiraten. Eugène widersetzte sich nicht. Diesem Stiefvater widersetzte man sich nicht. Auguste soll in längere Ohnmachten gefallen sein, aber es half ihr nichts. Am 1. Januar 1806 wurde aus dem Kurfürsten Max IV. der König Max I. von Bayern, am 14. Januar heiratete Auguste Eugène de Beauharnais, den Vizekönig von Italien. Auguste fiel danach nicht mehr in Ohnmacht. Die Ehe wurde ausnehmend glücklich, obwohl (oder vielleicht weil?) ihr Gatte viel unterwegs war. Er befehligte die französischen Truppen im Feldzug gegen Österreich, schlug den Aufstand der Tiroler nieder. (Er wollte Andreas Hofer nicht erschießen lassen, aber als Napoleon die Hinrichtung befahl, widersetzte er sich nicht.) 1812 marschierte er mit seinem Stiefvater nach Moskau; nach dem verheerenden Rückzug übernahm er das Kommando über die traurigen Überreste der grande armée in Deutschland. Als Napoleon nach der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig abgedankt hatte, streckte auch Eugène in Italien die Waffen und begab sich in die Obhut seines Schwiegervaters, des bayerischen Königs. Der ernannte ihn zum Herzog von Leuchtenberg und Fürst von Eichstätt, und ließ ihm von seinem Stararchitekten Leo von Klenze ein standesgemäßes Domizil erbauen: Das Leuchtenberg-Palais, das erste Bauwerk in der neuen Münchner Prachtstraße, der Ludwigsstraße. 250 Räume, mit einer neoklassizistischen Fassade, und ausgestattet mit dem neuesten Schrei aus Paris: dem geruchlosen Abtritt.

Nun hatten Eugène und seine charmante Gattin alle Zeit der Welt, sich ihrer großen Leidenschaft zu widmen: dem Sammeln exotischer Vögel. Man war ja um irgendwelche Ecken mit allen möglichen Herrscherhäusern verbandelt, und so kam der Herzog von Leuchtenberg in den Besitz vieler seltener Trophäen, darunter ein Riesenalk, der schon damals nahezu ausgerottet war, und ein neuseeländischer Zwergkiwi. Die Leuchtenberg'sche Sammlung, die angeblich aus mehr als 4000 Bälgen und Standpräparaten bestand, gelangte später an die Zoologische Sammlung der bayerischen Akademie der Wissenschaften, zu deren Ehrenmitglied der Herzog 1818 ernannt wurde. Die Alte Akademie, in der die Sammlung untergebracht war, wurde bei den Bombenangriffen im April 1944 fast völlig zerstört. Einige Exemplare aus der herzoglichen Vogelsammlung aber blieben erhalten, darunter der Riesenalk, der Zwergkiwi, und auch der farbenprächtige Balg eines südamerikanischen Tukans, des Krauskopfarassaris. Der hat seinen deutschen Namen von seinem seltsamen Kopfschmuck - kurzen, schwarz glänzenden, zu kleinen Röllchen gedrehten Federn. Johann Georg Wagler, Adjunkt an der zoologischen Sammlung der Akademie, beschrieb und klassifizierte ihn 1832 und nannte ihn, zu Ehren des Herzogs von Leuchtenberg, Pteroglossus beauharnaesii.

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Eugène de Beauharnais, Herzog von Leuchtenberg, starb 1824 in seinem Münchner Palais. Auguste überlebte ihn 17 Jahre, sie ruht an der Seite ihres Gemahls in der Wittelsbacher Fürstengruft in der Michaelskirche. Das Leuchtenberg-Palais erlitt dasselbe Schicksal wie die Alte Akademie; es wurde vollständig von Bomben zerstört. Nur die Fassade wurde im alten Stil wieder aufgebaut. Innen residiert jetzt Markus Söder als bayerischer Finanzminister. Er interessiert sich, soweit man weiß, nicht für exotische Vögel. Ob er, wie weiland der Kurfürst Max, seine Tochter verschachern würde, um König zu werden - darüber kann man nur spekulieren.

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