SZ-Kulturpreis:Weit mehr als eine kleine Prämie

Zum sechsten Mal vergibt die Süddeutsche Zeitung den "Tassilo" an Künstler aus der Region. Für viele Preisträger war die Auszeichnung der Auftakt für eine überregionale Karriere.

Sabine Reithmaier

Der Tassilo-Kulturpreis der Süddeutschen Zeitung, im Jahr 2000 erstmals vergeben, ist längst zu einer festen Institution in der Region geworden. Sicher auch deshalb, weil er sich von anderen Kunstpreisen wesentlich unterscheidet. Zum einen ist er ausschließlich den Künstlern und Kulturschaffenden in den Landkreisen um München vorbehalten. Das Stadtgebiet bleibt außen vor, weil es für Künstler, die in München wohnen, eine ganze Reihe von Auszeichnungen gibt, während in der Region nur lokal begrenzte Kulturpreise vergeben werden.

Zum anderen werden diejenigen, die einer Auszeichnung würdig sind, von den Lesern der Süddeutschen Zeitung vorgeschlagen. Vor zwei Jahren wurden mehr als 200 Kandidaten aus den verschiedensten Sparten nominiert, ein Zeichen, wie vielfältig die Kulturlandschaft rund um München ist. Die Entscheidung, wer einen der begehrten drei Hauptpreise oder der sieben Förderpreise erhält, fällt freilich eine mit Fachleuten besetzte Jury.

Die dritte Besonderheit sind die Vergabekriterien. Der Tassilo ist kein Preis für diejenigen, die mit Auszeichnungen bereits überschüttet werden. Drei Momente stehen im Vordergrund: Junge Künstler sollen gefördert und ermuntert werden. Außerdem werden Künstler ausgezeichnet, die trotz ihres Erfolgs ihrem Heimatort verbunden blieben und sich dort engagieren, in dem sie beispielsweise eigene Konzertreihen entwickelten. Schließlich ehrt die SZ Persönlichkeiten, die das kulturelle Leben in den Gemeinden durch ihre Engagement überhaupt erst möglich machen.

Erster Preis an eine Kleinkunst-Legende

Den ersten Tassilo-Preis im Jahr 2000 erhielt das Hörbacher Montagsbrettl. Damals vergab die SZ nicht drei gleichwertige, sondern noch nach Plätzen gestaffelte Hauptpreise. Der erste Preis war mit 10000 Mark dotiert. Die Brüder Toni und Jakob Drexler, die Begründer der inzwischen fast legendären Kleinkunstbühne im Landkreis Fürstenfeldbruck, spendeten die eine Hälfte gleich nach der Verleihung der damaligen Sonderpreisträgerin für Zivilcourage, der inzwischen verstorbenen Marie-Luise Schultze-Jahn von der Weißen Rose für ihre Arbeit - diese Auszeichnung wurde inzwischen in den Ehrenpreis für ein Lebenswerk umgewandelt.

Mit der anderen Hälfte kauften sie eine sündhaft teure Digitalkamera, ,,rausgeschmissenes Geld'', wie sich Toni Drexler noch Jahre später wurmte. Aber der Heimatpfleger und langjährige Leiter des Jexhof-Museums, der den Apparat für seine Dokumentationen dringend brauchte, konnte sich damals eben nicht vorstellen, dass die rasante Entwicklung den Preis der Kameras so schnell drücken würde.

Stride-Pianist Bernd Lhotzky, der für sein Engagement im Verein ,,Tasten für Oberhaching'' und die Organisation eines eigenen ,,Classic Jazz Festivals'' in seiner Heimatgemeinde einen Tassilo-Hauptpreis erhalten hatte, steckte das Preisgeld in die Anfänge einer filmischen Dokumentation über den ,,International Stride Piano Summit''.

Sprungbrett für die Karriere

Für die meisten Ausgezeichneten ist das Preisgeld aber eher eine angenehme Nebenerscheinung. Viel wichtiger ist der Impuls, den der Tassilo auslöst. ,,So ein Preis kann ein richtiges Sprungbrett für die Karriere sein'', sagte der Starnberger Kinobetreiber Matthias Helwig, der 2008 ausgezeichnet wurde. Der Tölzer Birdman und Performance-Künstler Hans Langner empfand die Würdigung als ,,irrsinniges Kompliment'', denn der Preis habe einen guten Ruf. Ähnlich erklärte es Jazz-Pianist Martin Schmitt. ,,Der Tassilo wird in meiner Vita oft erwähnt, dieser renommierte Preis macht bei Auftritten einen guten Eindruck."

,,Er war für mein Selbstbewusstsein extrem wichtig", erinnert sich der aus Gauting stammende Schriftsteller Fridolin Schley. Gerade am Anfang seien solche Auszeichnungen wichtig, um ,,nicht die Kraft, nicht den Mut zu verlieren", sagt er, der inzwischen auch andere Preise, unter anderem den Tukan-Preis der Stadt München, erhalten hat. Gerade jungen Künstler und Kulturmacher nutzt der Preis sehr, verbessert sich doch dadurch oft die Wahrnehmung und Wertschätzung, die sie in ihrer Umgebung erfahren. So geschehen mit dem Subkultur-Verein in Fürstenfeldbruck, vor zwei Jahren ausgezeichnet für seine Konzerte, Ausstellungen und Lesungen. Der Verein bangte damals um sein angestammtes Domizil, den Alten Schlachthof, und beklagte mangelnde Anerkennung. Ihr Gebäude werden die Jugendlichen zwar in absehbarer Zeit wirklich verlassen müssen, aber inzwischen hat sich im Rathaus ein Bewusstsein für ihre wertvolle Arbeit entwickelt. Daher wollen die Kommunalpolitiker die Eigenständigkeit der Subkultur erhalten und haben mit der alten Gärtnerei auch bereits ein Alternativquartier gefunden.

Die Gruppe junger Künstler der Künstlervereinigung Dachau, die 2010 für ihre erste gemeinsame Präsentation mit dem Titel ,,Vorgarten'' einen Förderpreis erhielt, bewertet die Auszeichnung als eine richtige Initialzündung. Sie sorgte für überregionale Bekanntheit, wie Johannes Karl, stellvertretender Vorsitzender der Künstlervereinigung Dachauberichtet. Und viele andere freuen sich einfach, dass ihre Kulturarbeit, die sie oft seit Jahrzehnten leisten, endlich einmal in einer breiteren Öffentlichkeit anerkannt wird. Der Künstler Wolfgang Ellenrieder beispielsweise, der seit Jahren die Künstlerwerkstatt Schönbrunn im Landkreis Dachau betreut. Dort arbeiten Dachauer Maler mit geistig behinderten Menschen und veranstalten in regelmäßigem Turnus gemeinsame Ausstellungen. Oder Thomas Mücke, der einen Preis für die vorbildliche Sanierung des alten Gefängnisses am Domberg in Freising erhielt. Namenspatron des Kulturpreises ist übrigens der Bayernherzog Tassilo III. Er lebte im späten 8. Jahrhundert und war ein ebenso kunst- wie eigensinniger Fürst. Sein Konterfei ziert die Hauptpreise. Das Original-Relief findet sich im Kloster Mattsee bei Salzburg, einer Gründung des kulturverständigen Herzogs.

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